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Deutschland soll abspecken

■ Kanzlerrunde am heiligen Sonntag: Bundesregierung will mit Einschnitten ins soziale Netz und einer Steuerreform Haushaltsdefizite in Höhe von 50 Milliarden Mark stopfen

Berlin (taz/dpa) – Er ist wieder da und um einige Pfunde leichter. Helmut Kohl hat am Wolfgangsee gefastet und entschlackt. Seit gestern steht nun eine Abmagerungskur für den Regierungshaushalt auf dem Plan. Gleich nach seiner Ankunft in Bonn hatte Kohl zur Kanzlerrunde geladen. Dort sollte es ans Eingemachte gehen. Finanzminister Theo Waigel (CSU) hatte vor dem Wochenende schon die Zahlen mitgeteilt: 50 Milliarden Mark fehlen Bund, Ländern und Gemeinden. Allein der Bund muß 25 Milliarden einsparen.

Im öffentlichen Dienst sind für die kommenden zwei Jahre Nullrunden geplant. Dabei sollen bis zu 20 Milliarden Mark eingespart werden. Nach einem Bericht der Bild-Zeitung ist außerdem geplant, daß Arbeitslose künftig auch Jobs annehmen müssen, die nur in Höhe des Arbeitslosengeldes vergütet werden. Über konkrete Sparmaßnahmen sollte gestern allerdings noch nicht entschieden werden, und zwar aus Rücksicht auf das nächste Treffen von Kanzler, Wirtschaft und Gewerkschaften am 23. April.

Geplant ist zudem, die Steuerreform 2000 vorzuziehen. In dieser Legislaturperiode wäre dann mit Steuersenkungen zu rechnen. Im Gegenzug sollen Freibeträge und Ausnahmeregelungen gestrichen werden. Abgeschafft werden soll auch die Gewerbekapitalsteuer. Die KfZ-Steuer wird zur emissionsabhängigen Steuer. Unangetastet bleiben soll laut Finanzminister Theo Waigel (CSU) die Mehrwertsteuer.

Unstrittig ist, daß die Rentenversicherung nicht über 20 Prozentpunkte steigen soll. Geht es nach Arbeitsminister Blüm (CDU), so würde das Rentenalter für Frauen von 60 auf 63 Jahre festgesetzt. Dagegen hat bereits Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) als Vorsitzende der Frauenunion heftig protestiert.

Strittig bleiben etwaige Einschnitte bei der Lohnfortzahlung für Kranke. Für den Fall, daß die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gekürzt wird, drohte DGB- Chef Dieter Schulte mit Streik. Die Deutsche Angestelltengewerkschaft und die ÖTV warnten: Eine gesetzliche Einschränkung wäre Wortbruch der Kanzlerrunde zum „Bündnis für Arbeit“. SPD-Chef Oskar Lafontaine sagte, seine Partei verteidige die Lohnfortzahlung als wesentlichen Bestandteil des Sozialstaates.

Altbundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) forderte unterdessen ein einschneidendes „Notprogramm für Deutschland“. Notwendig sei eine Kürzung aller öffentlichen komsumtiven Ausgaben.

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