: Massenflucht vor israelischen Bomben
■ Exodus aus Südlibanon. Bombardement soll zwei Wochen andauern. Hisbollah will Nordisrael in „Hölle“ verwandeln
Beirut/Jerusalem (AFP/taz) – Die israelische Luftwaffe hat gestern am vierten Tag in Folge die Bombardierung von Zielen im Libanon fortgesetzt und mehrere zehntausend Menschen in die Flucht getrieben. Jagdbomber und Kampfhubschrauber griffen nach libanesischen Angaben erneut die südlichen Vororte Beiruts an, wo die pro-iranische Schiitenmiliz Hisbollah ihre Büros unterhält. Bei den Angriffen wurden allein gestern 17 Personen verletzt.
Aus der Hafenstadt Tyrus flohen die Menschen zu Zehntausenden. Anderthalb Stunden vor Ablauf eines Ultimatums zur Räumung der Stadt warf die israelische Luftwaffe eine Bombe über Tyrus ab. Verletzt wurde niemand. Das Ultimatum sollte gestern um 17 Uhr auslaufen. Israel verlangte auch die Evakuierung aller Dörfer südlich des Litani-Flusses. Seit gestern morgen sollen rund 100.000 Menschen aus Tyrus auf der Flucht sein. Auch aus den Dörfern in Südlibanon wurden mehrere zehntausend Menschen in die Flucht getrieben.
Die Hisbollah drohte im Gegenzug, den Norden Israels in eine „Hölle“ zu verwandeln und feuerte eine Serie von Katjuscha- Raketen auf die Region ab. Sie versetzte ihre Kämpfer in Alarmbereitschaft und mobilisierte angeblich die Selbstmordattentäter in ihren Reihen.
Israelische Kampfhubschrauber bombardierten eines der wichtigsten Elektrizitätswerke Libanons in Dschamhur, östlich von Beirut. Die Stromversorgung Beiruts wurde dadurch zum Teil abgeschnitten. Auch eine Radiostation der Hisbollah im Osten Libanons nahe der Grenze zu Syrien wurde von der israelischen Luftwaffe attackiert. Die syrische und libanesische Luftabwehr erwiderte das Feuer.
Regierungschef Schimon Peres drohte mit Angriffen auf zivile Ziele, sollte die Hisbollah eben solche Ziele in Israel angreifen. „Wenn die Hisbollah mit ihren Angriffen aufhört, wird Israel mit seinen aufhören“, ließ Peres gestern erklären. Israel habe sich jedoch keinen Termin für das Ende der Luftangriffe gesetzt. Erneut warnte Peres die libanesische Regierung, die Arbeit von „Terroristenhauptquartieren“ zu ermöglichen.
Der Generalstabschef der israelischen Armee, Amnon Schahak, sagte dem Militärrundfunk, die Aktion könne noch „ein oder zwei Wochen“ dauern. Israels Außenminister Ehud Barak sagte seine für heute geplante Reise in die USA ab.
Die Hisbollah drohte weitere Angriffe gegen den Norden Israels an, sollte Israel seine Bombardements fortsetzen. „Wir raten den Bewohnern der Region sofort zu verschwinden, wenn sie ihr Leben retten wollen. Kein Haus, keine Siedlung wird verschont bleiben“, hieß es in einer Erklärung der Hisbollah aus Beirut. Rund ein Dutzend Salven von Katjuscha-Raketen wurden auf Nordisrael abgefeuert.
Die Arabische Liga hat für Mittwoch eine Sondersitzung der Außenminister einberufen. Auf Antrag Libanons soll sich heute der UN-Sicherheitsrat mit der Krise befassen. Bei den Angriffen Israels wurden bis gestern mittag 25 Menschen getötet und 107 verletzt. Die Attacken von Hisbollah auf Israel forderten bislang 36 Verletzte, ein Soldat wurde getötet. Tagesthema Seite 3
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