piwik no script img

Und wieder alles „super“

■ Am Thalia-Theater war Spielzeitkonferenz mit Jürgen Flimm

Vermutlich freut sich Jürgen Flimm das ganze Jahr über auf seine Spielzeit-Pressekonferenz. Da sitzen all die wichtigen und nicht ganz so wichtigen Journalistinnen und Journalisten vor ihm, schreiben alles auf, was er Launiges von sich gibt, und lachen mit ihm, weil der Jürgen eine so familiäre und heitere Atmosphäre erzeugt. Da wird verniedlicht (“Klausimausi Peymann“; das „mein bester Freund“ blieb dieses Jahr aus), verherrlicht („unser Wunderknabe Sven-Eric“, gemeint ist der Bechtolf) und Witze auf Kosten von Hausautoren gemacht, denn Klaus Pohls Zettel lief nicht so gut, das muß also an dem „schwierigen Text“ gelegen haben (großes Gelächter im Journalisten-Rund).

Nur die kleine, böse taz lacht nicht mit und macht sich auch dieses Jahr wieder lustig über das Übermaß an selbstgefälliger Hofhaltung und den Mangel an Selbstkritik des „elfjährigen“ Intendanten. Nächstes Jahr aber, das versprechen wir, denken wir uns etwas anderes aus oder drucken einfach die dpa-Meldung ab. Denn bei soviel eitel Sonnenschein wie im Thalia herrscht, verbrennt irgendwann jeder Humor.

Drum zu den Tatsachen: Daß das Thalia wieder „super“ erfolgreich war, seine eigenen Kassenrekorde und das Grad der Eigenbeteiligung gegenüber dem letzten Jahr locker gesteigert hat, hört jeder in der Stadt sicher gerne. Daß eigentlich alle Aufführungen des Hauses auch künstlerisch „super“ waren, freut uns zu hören, können wir aber nicht bestätigen. Und daß der nächste Spielplan, der zwölfte des Exil-Kölners, auch wieder – wie war noch einmal das Wort? Ach, ja: „super“ wird, das überrascht uns ja jetzt doch. Woher weiß der das?

Drum zu den Tatsachen: Jürgen Flimm selbst ist wieder vorbildlich fleißig, und das ist schön, denn seine Regiearbeiten sind an diesem Haus doch immer noch die wenigen Highlights einer Saison (ganz im Ernst!). Ein Tartuffe, eine Antigone und Der gläserne Pantoffel – was will uns diese Auswahl sagen – stehen auf Jürgens Programm, mit letzterem wird die nächste Saison eröffnet, nachdem bei den Wiener Festwochen am 10. Mai Premiere ist.

Weiterhin möbelt Jérome Savary seine Mutter Courage mit Thalia-Schauspielern noch einmal auf. Im Oktober darf der ehemalige „Assi von Klausimausi“, Peter Wittenberg, längst selbst ein erfolgreicher Regisseur, einen Amphitryon von Kleist wuppen, bevor es am Thalia gleich wieder richtig boulevardesk zugehen darf. Terrence McNallys Broadway-Hit Meisterklasse, ein Sprech-Solo für die Callas in der Inszenierung von Niels-Peter Rudolph, gibt der leichten Muse eine von vielen Chancen. Dann darf „unser Wunderknabe“ (s.o.) Romeo und Julia („nur ohne Alpha Romeo“ – kleiner Seitenhieb ans Schauspielhaus) machen, der neueste Handke muß den traurigen Rest zeitgenössischer deutscher Theaterliteratur abgeben und der brillante Yoshi Oida aus dem Ensemble von Peter Brook inzeniert Molly Seeney von Brian Friel im TiK. Zum Abschluß verhandelt das Haus mit Laurie Anderson, daß sie Moby Dick als Oper am Alstertor herausbringt. Als Weihnachtsmärchen gibt es Das singende, springende Löweneckerchen.

Till Briegleb

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen