piwik no script img

Lafayette ohne Tram

■ Geldmangel: Straßenbahnvorhaben werden vorerst nicht gebaut

Die Straßenbahn wird, wenn überhaupt, frühestens in der nächsten Legislaturperiode durch die Friedrichstraße rollen. Denn trotz eines Senatsbeschlusses, der den Bau als „vorrangig“ einstufte, hat der Bau der Tramlinie durch die zukünftige Einkaufsmeile in der Verkehrsverwaltung „keine hohe Priorität“. Das bestätigte die Sprecherin von Bau- und Verkehrssenator Jürgen Klemann (CDU), Sabine Wolff.

Hintergrund sind die Kürzungen im Haushalt, die jetzt „das Setzen von Prioritäten“ nötig machten, so Wolff. Bis Ende Mai müsse die Verkehrsverwaltung dem Abgeordnetenhaus eine überarbeitete Konzeption für den Neubau von Straßenbahnlinien vorlegen. Noch sei nichts entschieden, hieß es, und Straßenbahnlinien würden auch nicht gestrichen – höchstens zeitlich gestreckt. Dennoch würden wahrscheinlich statt der ursprünglich geplanten elf neuen Tramstrecken bis zum Jahr 1999 nur drei oder vier gebaut, meinte Wolff. Und dabei werde die Friedrichstraße wegen der bereits bestehenden U-Bahn-Anbindung „nicht favorisiert“.

Diesen Rückzieher bei den Planungen zur Friedrichstraße nennt der grüne Verkehrsexperte Michael Cramer eine „Blockade durch die Straßenbahngegner Schmitt und Kalender“. Der Staatssekretär und der oberste Planer der Verkehrsverwaltung ignorierten einen Beschluß des Senats von vor drei Jahren, der die Verlängerung der Straßenbahn durch die Friedrichstraße und den Einbau der Gleise während der Bauarbeiten an der U-Bahn vorsieht. Mit dieser Blockadepolitik werde nicht nur die Straßenbahn verhindert, sondern auch ein Senatsbeschluß faktisch außer Kraft gesetzt. Weiterhin werde dadurch „der ökonomische Erfolg der Friedrichstadt- Passagen aufs Spiel gesetzt“ und das Wort des Regierenden Bürgermeisters zur Beliebigkeit degradiert. Das Finanzargument will Cramer nicht gelten lassen. Beim Neubau von Straßenbahnlinien sei Ausweitung statt Abbau geboten. Durch den Verzicht auf den Bau der U5 vom Reichstag bis zum Alex in dieser Legislaturperiode habe die Verkehrsverwaltung mehr Geld als bisher geplant für den Bau von Straßenbahnstrecken. Allein 150 Millionen Mark seien dafür bereits eingeplant. Weitere mindestens 350 Millionen, die die Verkehrsverwaltung an die BVG als Defizitausgleich zahlen will, sollten nach dem Willen von Cramer sinnvoller in den Neubau von Straßenbahnen investiert werden. Bernhard Pötter

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen