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Von der Enteignung bedrohte Damen ziehen Zaun

■ Streit um Kantstraße 156: Eigentümerin versperrt Durchgang zu S-Bahn-Bögen

Zwei hartnäckige Damen haben den Ladenflaneuren hinter der Kantstraße 156 einen Streich gespielt. Seit vorgestern versperren sie mit zwei Gittern den Durchgang entlang der S-Bahn-Bögen, die von der Deutschen Bahn AG an Laden- und Restaurantbetreiber vermietet werden.

Damit hat der Streit um das 325 Quadratmeter große Grundstück eine neue Stufe erreicht. Die Eigentümerin Alexandra Zapp und ihre Tochter Katharina, deren Grundstück enteignet werden soll, verteidigen ihre spektakuläre Maßnahme. Einen zunächst provisorischen Zaun hinter ihren beiden Flachbauten habe die Deutsche Bahn AG vor Wochen beiseite geschoben. Anschließend sei ihr Privatgelände, das bis an die S-Bahn- Bögen heranreiche, zur Müllkippe verkommen. „Wir haben nur den Zaun wieder repariert“, so Katharina Zapp zur taz.

Tochter und Mutter liegen seit Jahren mit dem Bezirksamt Charlottenburg im Clinch, das ihnen vorwirft, der von ihnen betriebene Schmuckladen und der an einen Sexshop vermietete Zwillingsbau verschandelten die Gegend. Gleich hinter den Flachbauten strebt der silberne Kaphag-Bau mit dem großen Dachsegel in die Höhe. Die Logos, eine Kaphag- Tochter, wollte das Gelände von den Zapps kaufen und anschließend dem Bezirksamt zur Platzgestaltung übergeben. Dagegen laufen die beiden Frauen Sturm. Das Gelände hätten ihre Eltern Mitte der fünfziger Jahre erworben, daran hänge ihr Herz: „Wir wollen unseren eigenen Neubau errichten. An dieser Stelle war, das zeigen historische Bilder, noch nie ein Platz“, meint Katharina Zapp gegenüber der taz.

Anfang vergangenen Jahres stellte das Bezirksamt Charlottenburg bei der Senatsbauverwaltung einen Antrag auf Enteignung und einen zweiten auf „vorzeitige Besitzanweisung“. Eine Entscheidung läßt aber auf sich warten. Bevor nämlich die Senatsverwaltung für Bauen und Verkehr über eine Enteignung entscheiden kann, muß das Gutachten des Ausschusses für Grundstückswerte vorliegen. Darin soll unter anderem die Frage der Entschädigung für die Zapps geregelt werden. Der Gutachterausschuß, dem ein Landesbeamter und Vertreter der freien Wirtschaft angehören, sei jedoch derzeit „sehr überlastet“, weiß der Generalreferent Horst Elle von der Bauverwaltung.

Die standhaften Zapps mußten letztes Jahr allerdings eine Niederlage hinnehmen. Das Oberverwaltungsgericht wies ihre Normenkontrollklage gegen den Bebauungsplan des Bezirksamtes ab. Die Ladenbetreiber in den S-Bahn-Bögen sind über den Zaun verärgert. Sie fürchten nun um die Laufkundschaft. Geschäftsführerin Hannelore Schnurpheil vom Greenpeace-Shop klagt, daß „wir alle in eine Auseinandersetzung der Zapps hineingezogen werden“. Severin Weiland

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