: Kalter Krieg in Schwerin
■ SPD mit PDS? CDU sieht DDR wieder auferstehen
Die Große Koalition in Schwerin hat keine Handlungsgrundlage mehr. Es entbehrt nicht einer gewissen Logik, daß sie sich in Mecklenburg-Vorpommern ausgerechnet an der Werftenfrage entzweit. Schließlich geht es dabei für das von Arbeitslosigkeit gebeutelte Bundesland um eine existentielle Frage. Da drängt es jeden Politiker, sich zu profilieren.
Harald Ringstorff (SPD) spielte dabei die ostdeutsche Karte. Für den Subventionsklau der Bremer Vulkan AG sowie das Versagen der bundeseigenen Treuhandnachfolgerin BvS will er mit dem Landesetat nicht geradestehen. Ministerpräsident Berndt Seite (CDU) hingegen versucht, sich im Gleichschritt mit seiner Finanzministerin als verläßlicher Partner Bonns zu präsentieren und jeden Präzedenzfall für andere gescheiterte Privatisierungen im Osten zu vermeiden.
Harald Ringstorff hat mit seiner Rücktrittsforderung an Finanzministerin Bärbel Kleedehn seine Partei im Schweriner Landtag in eine schwierige Situation manövriert. Der SPD-Landesvorsitzende hat die Große Koalition nie wirklich gewollt, jetzt zog er ihr den Boden unter den Füßen weg. Ohne sich lächerlich zu machen, kann er nicht mehr zurück. Die Eigendynamik im Koalitionsstreit ist nicht mehr zu stoppen.
Noch bevor allerdings eine Zusammenarbeit von SPD und PDS in irgendeiner Form absehbar ist, schießt die CDU bereits ideologisches Sperrfeuer. Ausgerechnet am Vorabend des 50. Jahrestages der Vereinigung von KPD und SPD, empörte sich Ministerpräsident Berndt Seite, übe die SPD mit der PDS einen Schulterschluß. Ungefragt, aber für alle Fälle meldete sich aus Berlin schon mal der Scharfmacher Klaus- Rüdiger Landowsky, Fraktionsvorsitzender der CDU im Abgeordnetenhaus. Eine „wie auch immer geartete Regierungszusammenarbeit von SPD und PDS“ blies er frohen Mutes gleich zum „Todesstoß“ für die Volksabstimmung über die Fusion von Berlin und Brandenburg am 5. Mai auf. Jenseits dieser Rhetorik des Kalten Krieges allerdings wird sich selbst die CDU daran gewöhnen müssen, daß Tolerierungs- oder Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und PDS und in der Folge auch gemeinsame Landesregierungen irgendwann zur ostdeutschen Normalität gehören werden. Christoph Seils
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