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„Die Verleger nutzen die Gunst der Stunde“

■ Frank Werneke von der IG Medien zum niedrigen Tarifabschluß in der Druckindustrie

Frank Werneke ist Fachsekretär für den Bereich Druckindustrie beim Hauptvorstand der Industriegewerkschaft Medien.

taz: 1,85 Prozent mehr Lohn ist mager. Das bedeutet weniger Kaufkraft für die Beschäftigten. Dabei soll's den Zeitungsverlagen doch prima gehen.

Frank Werneke: Die prozentuale Höhe von 1,85 Prozent ist sicherlich der negative Knackpunkt in dem Abschluß. Und ich würde auch meinen, daß aus der ökonomischen Kraft der Druckindustrie heraus ein höherer Abschluß vertretbar gewesen wäre. Wir hatten aber das Problem, daß mit den vorangegangenen Tarifabschlüssen etwa beim Bau, aber auch im Bereich Textil und Bekleidung bereits ein Abschlußkorridor festgelegt war.

Da hätten Sie sich ja nicht dran halten müssen.

Die Bedingungen für uns, in dem klassischen Feld der Druckindustrie gute Tarifabschlüsse zu erzielen, sind schlechter geworden. Es gibt ein Auseinanderdifferenzieren innerhalb der Druckindustrie. Es gibt einige Marktführer im Verlagsbereich, die ökonomisch sehr gut dastehen. Es gibt aber gerade im Bereich der Klein- und Mittelbetriebe auch durchaus Betriebe mit tatsächlichen Schwierigkeiten. Die Zeit der blühenden Druckindustrie der 70er und 80er Jahre ist vorbei.

Die Betriebe in Not können ja jetzt Arbeitszeit und Lohn um 14 Prozent verkürzen. In anderen Branchen werden solche Abschlüsse als „Bündnis für Arbeit“ gefeiert. Sie feiern nicht?

Wenn ich den Abschluß positiv bewerten möchte, dann in dem Sinne, daß es nach langer Zeit mal wieder gelungen ist, zwischen den Tarifvertragsparteien in der Druckindustrie überhaupt in relativ strukturierten Verhandlungen zu einem Ergebnis zu kommen. Das jetzt mit einem Etikett „Bündnis für Arbeit“ belegen zu wollen, dazu steckt nicht genügend drin. Da hätte es sicherlich noch anderer Schritte bedurft, zum Beispiel die Frage der Umwandlung von Überstunden in Freizeit zu bewegen.

Bei Burda wurde kurzerhand die Arbeitszeit erhöht, der Koblenzer Mittelrhein-Verlag ist aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten und will 20 Prozent weniger Lohn zahlen. Stehen Sie mit dem Rücken zur Wand?

Von den Verlegern wird versucht, die Gunst der Stunde zu nutzen. Aber da gibt es auch ein großes Widerstandspotential in den Betrieben. Die Gewerkschaften haben früher erhebliche Ressourcen auf die zentrale Tarifarbeit verwendet. In dem Maße, in dem betriebliche Konflikte an Bedeutung gewinnen, müssen wir versuchen, stärker diese betrieblichen Konflikte zu begleiten. Interview: Barbara Dribbusch

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