Keine studierten Menschenfreunde

■ StudentInnen sind nicht weniger fremdenfeindlich eingestellt als der Rest der Bevölkerung, zeigt eine Studie

Frankfurt/Main (taz) – Rund 4 Prozent der Studierenden in Hessen seien „harte Autoritäre mit rechtsradikalem Gedankengut“; bei weiteren 11 Prozent seien „deutliche Merkmale in dieser Richtung“ zu konstatieren. Zu diesem Ergebnis kommen die Soziologen Alex Demirovic und Gerd Paul vom Frankfurter Institut für Sozialforschung.

Die beiden Sozialwissenschaftler haben im Sommersemester 1994 im Rahmen ihrer Untersuchung rund 1.400 StudentInnen an den Hochschulen in Frankfurt, Gießen, Marburg, Kassel und Darmstadt befragen lassen. Die Tendenz zum Rechtspopulismus, so Demirovic, sei in den Fachbereichen Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften und Jura „besonders ausgeprägt“.

So waren beispielsweise 28 Prozent der Studierenden der Meinung, daß endlich ein „Schlußstrich unter die deutsche Geschichte“ gezogen werden müsse. Daß umgehend etwas gegen die „Überfremdung in Deutschland“ getan werden müsse, forderten 12 Prozent der Befragten. Mehr als 35 Prozent der Studierenden lehnten die Einführung des Wahlrechts für AusländerInnen ab. Und 33 Prozent gingen konform mit der These, daß sich der einzelne wieder stärker dem Gemeinwohl unterzuordnen habe. Nach der Auswertung der Fragebögen stehe fest, daß sich – etwa im Vergleich mit Studien aus den 60er und 70er Jahren – die Studentenschaft „nach rechts entwickelt“ habe. Während StudentInnen damals in Relation zur politischen Einstellung der gesamten Bevölkerung ein „demokratischeres, linkes Bewußtsein“ hätte attestiert werden können, sei heute eine „Normalisierungstendenz“ zu beobachten. Demirovic: „Für die Wahlsoziologen sind 5 Prozent der Bevölkerung harte Rechtsextremisten und weitere 15 Prozent weiche. Das deckt sich in etwa mit den Ergebnissen unserer Untersuchung.“

Für die Soziologen überraschend war das Untersuchungsergebnis, daß die insgesamt 20 Prozent „harten und weichen“ Rechtsextremisten unter der Studentenschaft fast alle aus Familien mit sehr hohem sozialen Status kommen. Für Demirovic ein Beleg, daß der harte Konkurrenzkampf um zukünftige Jobs die politische Einstellung der Studierenden negativ tangiere. Für die Zukunft sieht er deshalb eher schwarz: „Die Möglichkeiten sind gegeben, daß sich die rechten Ideologeme weiter ausbreiten.“ Gegenkräfte fehlten, auch wenn die „demokratisch orientierten, linksalternativen Studierenden“ noch immer als die größte Gruppe an den Universitäten bezeichent werden könnten: „Größte Gruppe – aber keine absolute Mehrheit mehr.“ Klaus-Peter Klingelschmitt