„Wir wollen Airbusse bauen“

■ Finkenwerder und Stade: IG Metall und Dasa-Belegschaft machen mobil gegen die Dolores-Pläne des Managements Von Florian Marten

Tote Hose gestern im Stader High-Tech-Airbuswerk. Ergebnislos kehrten die 18 Werksbusse von ihrer morgendlichen Sammeltour zurück. Ohne jede Vorwarnung blieb die 1200köpfige Belegschaft der Arbeit fern. „Das war nicht einfach, so per Mundpropaganda, ohne daß jemand es mitbekommt“, erzählte gestern stolz Norddeutschlands IG-Metall-Boß Frank Teichmüller.

Und Erwin Hillbrink, Chefbetriebsrat der Daimler-Tochter Dasa, ergänzte nicht minder zufrieden: „Mit dem heutigen Tag haben wir uns zurückgemeldet.“ Der Protest gilt den Plänen von Daimler und Dasa, bis 1998 die Airbus-Belegschaften gemäß dem radikalen Sparkonzept Dolores (Dollar low rescue) von heute noch 15.100 auf unter 10.000 einzudampfen. In Hamburg droht ein Rückgang von einst 9000 auf nur noch 5400. Teichmüller: „Für eine leistungsfähige deutsche Luftfahrtindustrie ist das insgesamt zu wenig.“

Immerhin fast 10.000 Airburs-WerkerInnen waren gestern deutschlandweit in Bewegung, allein 3500 versammelten sich zu einer Kundgebung in Finkenwerder. Teichmüller: „Es geht längst gar nicht mehr um Wettbewerbsfähigkeit. Die haben wir längst. Die Frage lautet, ob Systemveränderer wie Daimler-Chef Schrempp sich durchsetzen, die sich nur an Rendite oder Profit orientieren, oder ob wir eine mit Steuergeldern aufgebaute Luft- und Raumfahrtindustrie behalten, die auch Arbeitsplätze schafft und erhält.“

Die Rahmenbedingungen haben sich nach Ansicht der Gewerkschafter inzwischen so geändert, daß auch die letzten Gründe für das Dolores-Programm entfallen: Während das inzwischen in WIN (Wettbewerbsinitiative) umgetaufte Dolores-Programm von einem schrumpfenden Airbus-Absatz und einem Dollarkurs von 1,35 Mark ausgeht, schnellt die Airbusnachfrage, nicht zuletzt dank volkschinesischer Riesenorders, steil nach oben. Der Dollar pendelt stabil bei 1,50 Mark. Hillbrink: „Jeder Pfennig bedeutet 70 Millionen Mark“. Schon heute arbeite die Mehrzahl der deutschen Werke mit schwarzen Zahlen. Es gehe längst nicht mehr um Wettbewerbsfähigkeit, sondern allein um die Höhe des Profits.

Auch betriebswirtschaftlich, so sekundierte Teichmüller, mache Dolores heute keinen Sinn mehr: Wenn die Airbusproduktion, wie derzeit zu beobachten, von 120 auf bis über 200 Maschinen pro Jahr emporschnelle, dann könne man nicht einfach Leute feuern, die man morgen dringend brauche, dann aber nicht mehr bekomme.

Die Betriebsräte haben schon derzeit eine scharfe Waffe in der Hand, um dem Dasa-Management das Dilemma vor Augen zu führen. Hillbrink: „Wir fahren in erheblichem Maß Überstunden. Verweigerten wir die, könnten wir das Unternehmen in Schwierigkeiten bringen.“

Aber, so schwächt Hillbrink gleich wieder ab: „Die Kollegen wollen Airbus ja nicht schädigen. Die wollen Airbusse bauen. Man muß sie nur lassen.