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Unser kleines Parlament

■ Rotgrau einigt sich auf weniger Abgeordnete und Volksgesetzgebung

„Ein einigermaßen ausgewogener Kompromiß“, meinte Statt-Gruppenchef Achim Reichert gestern nach vierstündigen Verhandlungen im Kooperationsausschuß. Statt konnte sich mit der Forderung durchsetzen, die Zahl der Parlamentarier von 121 auf 101 zu reduzieren. Der Haken: Für diese Verfassungsänderung sind Stimmen aus dem Lager der Opposition nötig, und die ist wenig begeistert.

Auch in der Frage der Volksgesetzgebung gab die SPD nach. Dafür opferte Statt das „ruhende Mandat“ für Senatsmitglieder. Der verfassungsrechtlich bedenkliche Verlust des Abgeordnetenstatus bei Senatoren müsse gerichtlich geklärt werden. Bei dem „ganz großen Knackpunkt“, die Erweiterung der Auskunftspflicht des Senats gegenüber der Bürgerschaft, hat man sich in der Mitte getroffen.

Auf der anschließenden Sitzung des Verfassungsausschusses – der gestern zwingend zur Schlußabstimmung kommen mußte – brach das erwartete Chaos aus. Da für alle Verfassungsänderungen eine Zweidrittelmehrheit gebraucht wird, aber keine Abstimmung mit GAL und CDU mehr möglich war, kam es erneut zu länglichen Debatten über Einzelpunkte. Wie man sich in den mindestens vier strittigen Punkten einigen will, war bei Redaktionsschluß noch offen.

Beschlossen ist allerdings die Bezirksverwaltungsreform. Ohne formale Abstimmung ließ der Senat gestern die Vorlage passieren. Damit ist die rotgraue Krise vorerst beendet. Der jetzige Entwurf sei „eine nennenswerte Veränderung“, so Stadtentwicklungssenator Thomas Mirow (SPD). Erstmals sei „die Selbständigkeit der Bezirke abgesichert“, ergänzte Justizsenator Hoffmann-Riem. Der zentrale Punkt sei, daß die Bauleitpläne jetzt grundsätzlich in Bezirksverantwortung lägen. Großprojekte bilden die Ausnahme, Globalrichtlinien und Aufsichtsbefugnisse sind weiterhin Senatssache.

Bürgermeister Voscheraus Hauptargument gegen die Bezirksverwaltungsreform – sie sei zu teuer – wurde inhaltlich widerlegt. Doch daß es ihm nicht um Zentralismus, sondern um die Sanierung des Haushalts ging, hatte sowieso niemand geglaubt. Silke Mertins

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