piwik no script img

Kopfrechnen überflüssig

Künftig müssen in der EU alle Lebensmittelpreise pro Kilo und Liter angegeben werden  ■ Aus Brüssel Christian Rath

Europas VerbraucherInnen können künftig den Taschenrechner zu Hause lassen. Mit einer neuen Richtlinie zur Preisauszeichnung in Einzelhandelsgeschäften will die Europäische Union das sparsame Einkaufen fördern. Ab 1997 soll neben den Verkaufspreis auch der Preis je Kilo oder Liter angegeben werden, beschloß gestern der EU-Ministerrat in Luxemburg. Kleinere Geschäfte sind von der Regelung allerdings ausgenommen.

Wer kennt nicht das Problem: Ein Sahnejoghurt für 99 Pfennig wirkt recht günstig und weckt die Kauflust. Doch enthält der Becher nur 125 Gramm der süßen Speise. Ein halber Liter Fruchtjoghurt zu 2,99 Mark kommt da unter dem Strich deutlich billiger. Bald wird man im Supermarkt auf die nötige Rechenoperation verzichten können. Mit einem Blick sollen die KundInnen in Zukunft den Preis je Maßeinheit erfassen können.

Für die technische Umsetzung sind verschiedene Lösungen möglich. Verbraucherverbände sähen es am liebsten, wenn sich der Einheitspreis auf jedem einzelnen Produkt befände. Nach der Richtlinie wird es aber auch ausreichen, wenn er lediglich am Regal angebracht wird.

Damit ist eine alte Forderung der europäischen Verbraucherverbände endlich erfüllt. Einer Umfrage ihres Dachverbands BEUC zufolge befürworten 80 Prozent der KäuferInnen die Angabe von Preisen pro Einheit. Bisher schon gab es europäische Regelungen über die Lebensmittelkennzeichnung, doch nur bei Obst, Fleisch und anderen Waren, die häufig offen verkauft werden, mußte der Preis aufs Kilo umgerechnet werden.

Für andere Produkte sah die EU lediglich vor, daß die Packungsgröße nicht willkürlich gewählt werden konnte. Umstritten war im Ministerrat lange Zeit, ob die Regelung auch für Tante-Emma-Läden gelten soll. Belgien und die skandinavischen Länder befürchteten, daß diese mit der neuen Aufgabe finanziell und personell überfordert sein könnten. Die Kommission hatte dagegen vorgerechnet, daß ein geeignetes Auszeichnungsgerät schon für rund 500 Mark zu haben sei.

Dennoch wurden die kleinen Läden bis auf weiteres von der Pflicht zur neuen Preisauszeichnung ausgenommen. In allen anderen Lebensmittelgeschäften werden die Einheitspreise allerdings ab nächstes Jahr zu finden sein.

Eine weitere Änderung erreichten gestern Deutsche und Österreicher. Bei der Auszeichnung von Wein muß der Preis nicht unbedingt auf den Liter umgerechnet werden. Es kann national vorgesehen werden, daß die übliche 0,75-Liter-Flasche als Maß der Dinge zu nehmen ist.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen