Zwei neue CJK-Verdachtsfälle

■ Im Neuköllner Krankenhaus wurde bei zwei Patienten die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit diagnostiziert. Kein Hinweis auf Rinderwahn

Zwei Verdachtsfälle der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK), die im Krankenhaus Neukölln festgestellt wurden, haben gestern die Bezirksverordnetenversammlung beschäftigt. Die tödliche Gehirnerkrankung weist ähnliche Symptome auf wie die als Rinderwahn bekannte BSE: das Gehirngewebe wird schwammig und weist Löcher auf.

Bei den zwei jetzt bekanntgewordenen Berliner Verdachtsfällen handelt es sich um eine 59jährige Frau, die im Dezember 1995 verstorben ist, und einen 61jährigen Mann, der seit Februar dieses Jahres in einem Pflegeheim betreut wird. Damit wurden in Berlin seit der Einführung einer Meldepflicht im Juli 1994 insgesamt sieben Fälle registriert. Ob es sich bei den beiden neuen Fällen tatsächlich um die Creutzfeldt-Jakob- Krankheit handelt, ist noch nicht eindeutig erwiesen. „Die Symptome deuten darauf hin, aber die Untersuchungen, die an der Universität Göttingen durchgeführt werden, sind noch nicht abgeschlossen“, erklärte die Pressereferentin des Neuköllner Krankenhauses, Viola Siebert-Järisch.

In der vergangenen Woche hatte die Neuköllner Gesundheitsstadträtin Stefanie Vogelsang (CDU) den Gesundheitsausschuß informiert. Gestern fragten die Grünen nach Infektionswegen. Hatte doch ein britisches Forscherteam Ende März von zehn Fällen berichtet, bei denen sie einen Zusammenhang zwischen der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit und dem Verzehr von verseuchten Rinderprodukten vermuten.

Bei den zehn britischen Fällen handelt es sich um eine neue Variante der Creutzfeldt-Jakob- Krankheit, die sich von den in Deutschland aufgetretenen klassischen Fällen wesentlich unterscheidet, erläuterte die Sprecherin des Robert-Koch-Institutes, Melanie Arand. Die selten auftretende Creutzfeldt-Jakob-Krankheit wurde 1921 entdeckt. Bei den 111 bundesweit gemeldeten Fällen traten die klassischen Anfangssymptome wie Gedächtnisstörungen auf. Abweichend vom üblichen Krankheitsverlauf traten bei dem zehn britischen Patienten anfänglich Verhaltens- und Bewegungsstörungen auf. Ihr Durchschnittsalter lag bei 27 Jahren, normalerweise tritt die klassische CJK jenseits des 60. Lebensjahres auf.

Wie Stadträtin Vogelsang erklärte, ähnelt der Verlauf der Neuköllner Erkrankungen nicht den britischen Fällen. Es gebe auch keinen Hinweis auf einen Zusammenhang mit der Rinderseuche. Eine Verbindung läßt sich aber auch nicht generell ausschließen.

Die Neuköllner Grünen nahmen die Verdachtsfälle zum Anlaß, erneut zu beantragen, daß in bezirklichen Einrichtungen kein Rindfleisch mehr auf den Tisch kommen soll. Ihr erster Antrag war Ende März mit den Stimmen von SPD und CDU abgeschmettert worden. Vogelsang dagegen hält die Bonner Schutzmaßnahmen gegen BSE für ausreichend. Dorothee Winden