: Reife eines Rassisten ist nicht objektiv zu prüfen
■ Eimsbüttel: LehrerInnen erklären sich befangen, NPD-Jung-Funktionär zu beurteilen
Die Jahnschule schüttelt sich: Die als links-liberal bekannte Eimsbütteler Gesamtschule zählt einen aktiven Neonazi zu ihren SchülerInnen. Jan Zobel ist Bundessprecher und Landesvorsitzender der „Jungen Nationaldemokraten“, der Jugendorganisation der NPD.
In diesem Semester will er sein Abitur machen. Doch nun haben einige LehrerInnen in einem Brief an die Schulbehörde erklärt, daß sie zu befangen seien, um Zobel beurteilen zu können, schließlich würden sie „im Unterricht die Pflicht und das Recht des Widerstandes gegen eine rassistische Politik“ verfechten. Die Behörde reagierte flugs, verteilte Lob für die selbstkritische Reflexion, stellte aber klar, daß sie die LehrerInnen von ihrer Pflicht, objektiv zu prüfen, nicht freistellen könne. „Die Lehrer müssen auf jeden Fall ihrem Erziehungs- und Bildungsauftrag nachkommen“, sagt auch Behördensprecherin Anita Merkt. „Die Möglichkeit, daß ein Lehrer es ablehnt, einen Schüler wegen seiner politischen Überzeugungen zu prüfen, gibt es nicht.“
Daß Zobel nicht nur der „rassistische Spinner“ ist, als der er laut Aussagen einiger Schüler seit Jahren galt, ist spätestens seit einem Spiegel-Bericht vom April 1995 bekannt, in dem auf Zobels Rolle in der „Deckert-Truppe“ der NPD hingewiesen wird. Eine Diskussion wurde an der Jahnschule jedoch erst durch einen Artikel in – laut Eigenwerbung – „Hamburgs größter Schülerzeitung“ kaz losgetreten, die in ihrer Februar-Ausgabe Zobel als geschniegelten „Nazifunktionär mit Handy“ outete. Zobel zog auf der Stelle mit einer Unterlassungsklage vor Gericht, das diese jedoch zurückwies, weil er durch den Artikel nicht in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt werde.
„Bisher hatten sich sowohl die Lehrer als auch die Schüler passiv gegenüber Zobel verhalten“, berichtet Steven Galling, Sprecher der SchülerInnenkammer und presserechtlich verantwortlich für die kaz. Die Reaktion der LehrerInnen findet er „ein bißchen spät – schließlich ist der Typ nicht erst seit gestern bei der NPD“. Eine Debatte darüber, wie mit Jung-Nazis an der Schule umzugehen ist, hätte lange stattfinden müssen; „man muß dabei ja nicht unbedingt die Person angreifen“, meint Galling.
Von der Schulleitung war gestern keine Stellungnahme zum Konflikt zu bekommen. Auch Oberstufenleiter Peter Streese weist die Einmischung „der Öffentlichkeit“ zurück: „Das ist ein schwebendes Verfahren“.
Ulrike Winkelmann
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