Aids-Experte raten zu früher Therapie

Hamburg HIV-Infizierte sollten so früh und so umfassend wie möglich therapiert werden. „Für diese These amerikanischer Wissenschaftler gibt es inzwischen eine starke Fraktion“, sagte Prof. Reinhard Kurth, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, am Mittwoch abend in Hamburg. Auch wenn der Infizierte klinisch noch gesund sei, sollte mit der sogenannten Kombinationstherapie begonnen werden, um die Virusvermehrung zu bremsen, sagte der Chef des Bundesamtes für Sera und Impfstoffe in Langen bei Frankfurt. Wenn die Menge der Aidsviren ein entscheidender Faktor sei, müßten HIV-Infizierte eventuell ein Leben lang Medikamente nehmen.

Der bis vor etwa zwei Jahren praktizierten Behandlung mit einem Medikament erteilte Kurth eine klare Absage: „Die Monotherapie ist ein Kunstfehler.“ Seit Einführung der Kombinationstherapie, bei der zwei bis drei Medikamente gleichzeitig verabreicht werden, habe es bei den untersuchten Krankheitssymptomen der Patienten nur wenige Verschlechterungen gegeben.

Zu den neuen Erkenntnissen in der Grundlagenforschung gehört die Entdeckung des Moleküls 16 (IL 16). Untersuchungen haben nach Kurths Worten ergeben, daß IL 16 bei einer Affenart, der Grünen Meerkatze, die Ausbreitung einer vergleichbaren Infektion drastisch reduziert. Jahrelang hatten die Forscher gerätselt, warum die Tiere, die in der Wildnis zu 30 bis 40 Prozent mit dem Erreger SIV (entspricht HIV beim Menschen) infiziert sind, gesund bleiben. Forschungen ergaben schließlich, daß die Affen durch das selbst produzierte IL 16 die Virusmenge gering halten. Prof. Kurth warnte vor der Annahme, daß sich mit IL 16 das Aidsproblem lösen ließe. dpa