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Pakt in Spanien unter Dach und Fach

Der konservative Wahlsieger José Maria Aznar wird nächstes Wochenende zum neuen Regierungschef gewählt – Kataloniens Nationalistenchef Jordi Pujol hat gut verhandelt  ■ Aus Madrid Reiner Wandler

Nach acht Wochen zäher Verhandlungen haben sich Spaniens konservativer Wahlsieger José Maria Aznar und der Präsident der katalanischen Nationalregierung, Jordi Pujol, am Wochenende auf ein Abkommen zur Duldung einer konservativen Minderheitsregierung geeinigt. Ende kommender Woche wird Aznar mit den 156 Stimmen seiner eigenen konservativen Partido Popular (PP), den 16 Stimmen von Pujols katalanischer Convergència i Unió (CiU) und den 4 Stimmen der kanarischen Coalición Canaria (CC) zum neuen Regierungschef Spaniens gewählt werden.

Der Preis, den Aznar für die Unterstützung der Nationalisten bezahlen muß, ist ein völlig neues Steuersystem. 30 Prozent der Lohn- und Einkommensteuer, statt wie bisher 15, gehen künftig direkt an die 17 Regionen. Was die Regionen selber eintreiben, untersteht von nun an ihrer Gesetzgebungskompetenz. Das gleiche gilt für die Übergabe der Häfen an die Regionalverwaltungen. Auch hier könnte eine gezielte Gebührenpolitik mehr Frachtgut als bisher anziehen. Auch Verwaltungsstrukturen werden reformiert. Die Zivilgouverneure – vergleichbar den französischen Präfekten – werden gestrichen.

Die Verkehrseinheiten der gesamtspanischen Polizeitruppe Guardia Civil auf Kataloniens Straßen werden künftig direkt Pujols Autonomieregierung unterstellt. Dasselbe gilt für die Arbeitsförderungspolitik und die Mittel zur beruflichen Weiterbildung. Europapolitik – und ganz besonders wenn sie die Regionen betrifft – wird künftig nur mit Zustimmung der insgesamt 17 Regionalpräsidenten möglich sein.

Aznars Vorgänger Felipe González, der sich am Samstag nach fast 14jähriger Amtszeit in einem eineinhalbstündigen Fernsehinterview von den Spaniern verabschiedete, kritisiert das Verhandlungsergebnis. Das neue Steuersystem reiße tiefe Löcher in den Staatshaushalt und rücke das Ziel, bei Europas Währungsunion mit dabeizusein, in weite Ferne.

Aznar widerspricht dem. Was die Regionen fortan selbst finanzierten, würde schließlich aus dem Haushalt des Zentralstaates verschwinden. Das jetzt unterzeichnete Abkommen sei somit kostenneutral. Zudem hätten sich alle Regionen verpflichtet, die Maastrichter Kriterien zur Währungsunion auch in den Regionalhaushalten einzuhalten. Was Aznar gern übersieht: Ausgerechnet seine neuen Partner, die Katalanen und die Kanaren, haben letztes Jahr dieses Versprechen als einzige nicht eingehalten.

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