: Freunde und Helfer
■ Reemtsma-Entführung: Polizei spickte Presse mit geheimen Unterlagen
Kaum hatten sich Polizei und Presse gegenseitig auf die Schultern geklopft, daß es gelungen war, die Entführung Jan Philipp Reemtsmas einen Monat lang geheimzuhalten, um sein Leben nicht zu gefährden, da lief die Zusammenarbeit auch nach der Reemtsma-Freilassung wie geschmiert. Interne Polizeiunterlagen werden Zeitungen des Springer-Verlags zugespielt – Persönlichkeitsrechte der Betroffenen dabei massiv verletzt. Manche Beamte, so scheint es, nehmen ihre Aufgabe als „Freund und Helfer“ gegenüber einigen Blättern allzu wörtlich.
Wegen Korruptionsverdacht ermittelt die Dienststelle Interne Ermittlungen (DIE) seit dem Wochenende gegen die Beamten, die der Bild-„Zeitung“ ein Foto zukommen ließen, das den Entführten in der Hand der Erpresser zeigt. Die Familie hatte ausdrücklich darum gebeten, das Bild so zu retuschieren, daß das Gesicht Reemtsmas unkenntlich ist.
Inzwischen sind auch Details aus Polizeivernehmungen in den Medien aufgetaucht. So zitiert erneut die Bild in ihrer gestrigen Ausgabe Reemtsma mit Aussagen, die dieser gegenüber den Ermittlern gemacht haben soll. Ein Freund Reemtsmas: „Jan Philipp hat mit diesem Blatt mit Sicherheit nicht gesprochen“. Die gleiche Erfahrung mußte der Lösegeldüberbringer Pastor Christian Arndt machen. Kaum war er von der Polizei am Samstag vertraulich vernommen worden, konnte er am nächsten Tag Einzelheiten seiner Aussage in einer Sonntags-Zeitung des Springer-Verlags nachlesen. Arndt: „Da werden Sachen zitiert, die ich nur der Polizei gesagt habe.“
Bekannt wurde jetzt, daß die für den Entführten lebenswichtige Schweigepflicht von einer Hamburger Zeitung fast durchbrochen wurde. Jo Müller, Herausgeber der Hamburger Rundschau, hatte zwar später als die meisten seiner Kollegen Wind von der Entführung bekommen, aber früh genug, um als erster die Nachricht in die Öffentlichkeit zu blasen. Nur mit äußerster Mühe, so berichten Mitarbeiter, sei es gelungen zu verhindern, daß die lebensgefährliche – aber auflagensteigernde – Nachricht veröffentlicht wurde. Marco Carini
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