Flüchtlingsrückführung

■ Innenminister wollen Lage in Bosnien inspizieren. Umstrittener Beschluß steht

Hannover (taz) – Auf ihrer Konferenz in Bonn wollen die Innenminister der Länder und des Bundes an ihrem umstrittenen Beschluß über die „zwangsweise Rückführung“ der 320.000 bosnischen Flüchtlinge grundsätzlich festhalten.

Der Anfang des Jahres beschlossene Stufenplan, nach dem die Rückführung ab 1. Juli beginnen soll, könne allerdings noch modifiziert, etwa um weitere Härtefallregelungen ergänzt werden, hieß es gestern aus niedersächsischen Regierungskreisen. So werde Innenminister Gerhard Glogowski, SPD, heute abend in einem Vorgespräch zur Konfernez seinen Kollegen vorschlagen, sich vor der Rückführung selbst ein Bild von der Lage in Bosnien zu machen. Nach den Vorstellungen von Glogowski sollten drei oder vier Länderinnenminister Bosnien besuchen und dort die Probleme der Rückführung erörtern. Resultat dieser Reise könne etwa eine neue Härtefallregelung für Flüchtlinge sein, die aus zerstörten oder zur Zeit nicht erreichbaren Gebieten stammten, hieß es gestern in Hannover.

Die Absicht, ab Juli mit der Rückführung von Flüchtlingen in das keineswegs befriedete Bosnien zu beginnen, bekräftigte unterdessen der niedersächsische Innenstaatssekretär Claus Henning Schapper. Für die zunächst geplante Rückführung von erwachsenen Frauen und Männern sei ein ganzes Jahr vorgesehen. In dieser Zeit werde sich in Bosnien einiges ändern, sagte Schapper gegenüber der taz. Eine zügige Rückführung der bosnischen Flüchtlinge liege weiterhin im Interesse aller Bundesländer. Der strittige Stufenplan der Innenminister sieht vor, daß im ersten Jahr ledige und kinderlose Frauen und Männer in ihre Heimat ausreisen oder abgeschoben werden. Ab 1. Juli 1997 sollen bosnische Eltern mit Kindern kein Aufenthaltsrecht mehr in der Bundesrepublik haben. Als Härtefälle, die möglicherweise ein Aufenthaltsrecht über den 1. 7. 98 erhalten können, gelten Kriegswaisen oder auch Vergewaltigungsopfer. Jürgen Voges