: Abenteuer Hochhaus
■ Fundus-Theater: Premiere des Kinderstücks „Hänschen Klein“
„Grrmpf, kwitsch, alles Lachmasken", quiekte Fannie und preßte ihre Nase an die Glasscheibe. Ihre Freundin gluckste zurück. Beide stehen vor der Ansammlung von Puppenköpfen und Figuren, die in einem Glaskasten im Vorraum des Fundus Theaters zu sehen sind. Das verkürzt die Wartezeit auf den Beginn der Vorstellung. Aus der Perspektive eines laufenden halben Meters sähe man sonst nur Anzughosen und feinbestrumpfte Beine.
Das Stück Hänschen Klein für Kinder ab vier Jahren hatte hier gestern Premiere. Die Bühne ist übersäht mit großen Kartons. Hänschens Mutter packt den Haushalt ein. „Wir ziehen um!“, sagt sie, und damit beginnt Hänschens Odyssee in und durch die neue Hochhaus-Umgebung. Sich sensibel in die Alltagssituation der Kinder einfühlend, inszenierte Sylvia Deinert das Stück von einem, der auszog, nicht das Fürchten, sondern mit neuen Situationen umgehen zu lernen.
Wie komme ich an den obersten Knopf im Fahrstuhl? Woran erkenne ich unsere Haustür unter anderen wieder? Beißen Hunde, die bellen? Die Kartons sind im Spiel mal Umzugskartons oder Hochhaus und Fahrstuhl. Tine Krieg, die als Mensch in der Puppenwelt mitspielt, versteht es glänzend über die Geschichte, die sie erzählt, den Gegenständen Leben einzuhauchen. Hans, ihr Sohn, ist die Puppe, die eigentlich nur muhen kann, aber dennoch durch ihr Spiel in Bewegung kommt. Die rasselnden, kratzenden und pfeifenden Klänge und Geräusche Tanja Gwidas unterstützen lautmalerisch Hänschen Klein, der mit Stock, Hut und Neugier das Hochhaus erkundet.
Hänschen Klein ist ein einfaches, aber nicht simples Stück voller Ideen und Phantasie, in dem Alltagssituationen von Kindern für Kinder wiedererfahrbar sind. Zuschauerin Fannie haben die 35 Minuten jedenfalls Spaß gemacht, und das ist die Hauptsache.
Auf der anschließenden Premieren-Kuchenschlacht mit Saftorgie überraschte Sylvia Deinert stolz mit einer Mitteilung. Ab dem 1. Mai hat das Fundus Theater eine Schirmherrin, die nicht nur mit finanziellen Mitteln, sondern auch multiplikatorisch das Theater unterstützen will. Die von Deinert als „Frau, die zupacken kann“ Beschriebene ist die Verlegergattin Jahr vom gleichnamigen Hamburger Verlagshaus. „Die Förderung von Gemeinwohl ist bei Kindern am besten aufgehoben", sagte sie gestern. „Besser als das Sponsoring von Alzheimerkranken oder Drogenabhängigen“, schiebt sie einordnend nach.
Britt-Kristin Feldmann
Noch heute und am 7./8. und 29./30. Mai, 10 Uhr, morgen, 15 Uhr, Fundus Theater, Papenstr. 29
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