: Wanderinnen zwischen den Welten
■ Flüchtlingsfrauen: Überleben zwischen Flucht und Ausweisung
Zeynep Pamuk (24) ist in Adana in der Türkei geboren. Ihre Familie ist alevitisch. Weil sie kurdischer Abstammung und ihr Vater gewerkschaftlich engagiert war, bekam sie keine Arbeit. Mit Mann und Kind floh sie im September 1991 über Griechenland nach Hamburg. Auf dem Aufnahmeschiff in Neumühlen erlebte sie die alltägliche Flüchtlingsodyssee: Das Essen war für ihr krankes Kind ungeeignet, an Bord machten ihr viele alleinstehende Männer Angst. Als ihr Asylantrag abgelehnt wurde, lebte sie illegal im Kirchenasyl. Zur Zeit läuft ihr Asylfolgeantrag.
Frauen wie Zeynep berichten in der Broschüre „Wanderin. Flüchtlingsfrauen erzählen“ der Frauengruppe der „Gesellschaft zur Unterstützung von Gefolterten und Verfolgten e.V.“. Sie schildern die Flucht aus der Heimat, ihr Leben in Hamburg, ihre Erfahrungen in der Ausländerbehörde, in den Flüchtlingsunterkünften und nach rassistischen Übergriffen auf der Straße.
Der Verein berät Menschen, die nach ihrer Flucht verstört sind oder mit dem bundesdeutschen Anerkennungsverfahren Schwierigkeiten haben. In der Gruppe sind Frauen aller Nationalitäten, die meisten von ihnen haben auch nach Jahren in der Bundesrepublik keinen gesicherten Aufenthaltsstatus. Neben Deutschkursen für Frauen bestimmen Politik und alltägliche Probleme die Diskussionen in der Gruppe.
Zur Zeit kommt der Großteil der Flüchtlinge in Hamburg aus der Türkei und Kurdistan. Im Februar hatten 78 StaatsbürgerInnen der Türkei in Hamburg Asyl beantragt, gefolgt von Afghanistan, Iran und Armenien. Momentan sind noch 750 Verfahren in der Schwebe. Frauenspezifische Fluchtgründe werden von den bundesdeutschen Behörden kaum anerkannt. Das Bundesamt weiß noch nicht einmal, wieviele Frauen Asyl beantragen; es dürften weniger als ein Drittel aller Asylsuchenden sein. Dabei sind weltweit bedeutend mehr Frauen auf der Flucht: Sie endet aber meist in den Slums der Großstädte oder den Flüchtlingslagern der Nachbarländer.
„Gelingt den Frauen die Flucht nach Hamburg, beantragen viele aus Unwissenheit ein Familienasyl über den Ehemann“, bedauert Synje Detlefsen von der Hilfsorganisation, „damit sind sie vollkommen abhängig von ihren Männern. Wird der Asylantrag abgelehnt oder trennt sich das Paar, hat die Frau jegliches Aufenthaltsrecht verloren.“
Sonja Schmitt
„Wanderin...“: gegen Spende bei der Gesellschaft zur Unterstützung von Gefolterten u. Verfolgten e.V., Durchschnitt 27, 20144 Hamburg
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