: Die ARD findet sich krumm genug
■ Bürgerinitiative kritisiert das geplante ARD-Hauptstadtstudio am Reichstag: Stereotype Fassade orientiere sich nicht am Spreeverlauf. Die ARD widerspricht der Kritik: "Nicht nachvollziehbar."
Weil die ARD mit ihrer neuen Berliner Sendezentrale „in der ersten Reihe“ auf einem Grundstück an der Spree Platz nehmen will, macht nun eine Bürgerinitiative mobil. Der geplante Bau am Reichstagsufer, unmittelbar hinter dem Reichstagsgebäude und den Büros der Parlamentarier gelegen, sei zu grobschlächtig und zu monoton, sagte Barbara Jäger von der Initiative „Bürger für eine bewohnbare Stadt“. Die Architektur des langrechteckigen sechstöckigen Blocks passe sich nicht dem Standort an der Spree an. Anstelle eines Hauses mit „offenem und individuellem Charakter“ entstünde ein „Kasten wie viele andere in der Stadtmitte“.
Besonders sauer ist Jäger auf die Fassade und die Form des 150 Millionen Mark teuren Baus. Das ARD-Hauptstadtstudio, das die Bauherrengemeinschaft WDR und SFB ab Herbst 1996 hochziehen möchte, habe eine stereotype Lochfassade. Kommunikation zwischen innen und außen fände so nicht statt. „So ergibt sich keine Beziehung zu den Menschen und zur Topographie.“ Außerdem, sagte Jäger, folge der Riegel nicht genug dem gekrümmten Verlauf der Spree. Sie plädierte für eine „organische“ Architektur, die die Flußkrümmung aufnehme.
Den ARD-Studioblock, in dem ab 1999 der „Bericht aus Berlin“ und andere „ARD-aktuell“-Beiträge produziert werden sollen, hatten 1995 die Architekten Ortner und Ortner entworfen. Das Team plante dafür zwar eine gerasterte Stein-Glas-Fassade, hin zur Spreeseite ist der Bau aber leicht gekrümmt. Im Erdgeschoß soll eine Ladenzeile entstehen, die Redaktions-, Technik- und Senderäume liegen darüber. Die ARD hatte das ehemals zur Humboldt- Universität gehörende Gelände an der Spree erworben, damit ihre „Hauptstadtkorrespondenten“ kurze Wege zu Parlament und Regierung im Spreebogen haben.
Für Ernst Dohlus, Projektleiter des ARD-Hauptstadtstudios, ist die Kritik „nicht nachvollziehbar“. Weder bei der Auslegung des Bebauungsplans noch in Gesprächen mit der lokalen Stadtteilvertretung seien Einwände gegen das Projekt gekommen. Das Sendezentrum nehme auch den Verlauf der Spree wieder auf. Dohlus: „Das Gebäude erhält eine leichte Krümmung.“ Es orientiere sich darüber hinaus an dem historischen Graben, der zwischen Ufer und Straße verlief. Der Projektleiter forderte die „Bürger für eine bewohnbare Stadt“ auf, sich die Pläne „genau“ anzusehen. Das ARD-Bauvorhaben muß noch vom Hauptausschuß genehmigt werden. Am 22. Mai 1999, dem Tag vor der Wahl des Bundespräsidenten im Reichstag, soll der Betrieb „auf Sendung“ gehen. Rolf Lautenschläger
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