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Projektreisen light zur Kaffeeplantage

Das Welthandelshaus Gepa will „Fair Travel“-Programme entwickeln. Ein Tagungsbericht  ■ Von Jens Uwe Parkitny

Bald können reiche Kaffeetrinker auch die armen Schlucker treffen, die die Kaffeebohnen pflücken. Die größte Fair-Trade-Handelsgruppe Europas steigt nämlich in das Tourismusgeschäft ein. Gemeinsam mit Kaffee-, Tee- und Reisproduzenten aus Afrika, Asien und Lateinamerika plant die Gesellschaft zur Förderung der Partnerschaft mit der Dritten Welt mbH (Gepa), Reisen anzubieten. Sie sollen dem hehren Anspruch „interkultureller Begegnungen unter hoher Wertschöpfung für die lokale Bevölkerung“ gerecht werden. Doch wie die neue Produktlinie, die ab Ende des Jahres als „Fair Travel“-Programm auf den Markt kommt, nun aussieht, ist immer noch offen. Klare Vorstellungen, wie ordinären Gruppenreisen eine entwicklungspolitisch interessante Variante entgegengesetzt werden kann, hat selbst die Gepa nicht. „Wir tasten uns an die Thematik langsam heran“, erklärte der verantwortliche Gepa-Mitarbeiter Bruno Friedrich betont vorsichtig auf einer jüngst von der Thomas- Morus-Akademie Bensberg organisierten Studienkonferenz „Urlaub auf der Kaffeeplantage“.

Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand die Frage: „Projekttourismus – Nachhaltige Entwicklung für die Dritte Welt?“ Präziser formuliert hätte die Diskussionsgrundlage lauten müssen: Was kommt dabei heraus, wenn ein in der Entwicklungshilfe erfahrenes kirchliches Konglomerat wie die Gepa, deren Gesellschafterliste sich wie das Who's who des christlichen Mainstream liest, auf einen Geschäftszweig einläßt, von dem sie eigentlich keine Ahnung hat? Zunächst einmal gibt sie die Verantwortung für ihr Projekt aus der Hand. Nach Auskunft Friedrichs übernehmen die beiden Reiseveranstalter Wikinger Reisen (Hagen) und Natour Umweltreisen (Bonn) die Abwicklung und den Verkauf der Programme. Die beiden Unternehmen haften auch für die Gepa im Sinne des deutschen Reiserechts. Damit legt die Gepa ihre Trümpfe praktisch aus der Hand, denn wer haftet, redet mit.

Dabei verfügt die Gesellschaft über genug Marketingpower, um das Experiment alleine angehen zu können: Mit fair eingekauften Produkten ist das Handelshaus in über 4.200 Supermärkten und in 700 Dritte-Welt-Läden Deutschland- weit vertreten. Es unterhält zudem einen florierenden Versandhandel und wird von rund 5.000 kirchlichen Aktionsgruppen unterstützt. Auf der Basis einer sozialethisch orientierten Geschäftspolitik wurde die Gepa 1975 aus der Taufe gehoben. Paten sind der kirchliche Entwicklungsdienst der evangelischen Kirche, das bischöfliche Hilfswerk Misereor, die Arbeitsgemeinschaft Dritte Welt Läden e.V. sowie die Jugendorganisationen der katholischen und evangelischen Kirche. Mit ihren rund 150 Handelspartnern erzielte die Gepa im vergangenen Jahr 55,3 Millionen Mark Umsatz, vor allem durch den Verkauf von Kaffee, Tee, Honig, Kakao und Gewürzen. Mit dem Einstieg in den hart umkämpften Urlaubsmarkt hofft Bruno Friedrich, daß sich die Einkommen der Gepa-Produzenten in den ärmsten Ländern der Welt dauerhaft aufbessern lassen.

„Die Idee, in den Anbaugebieten Begegnungen zu inszenieren, stammt von den Bauernkooperativen selbst“, sagt die Gepa. „Die eigentliche Überzeugungsarbeit vor den nicht sehr entscheidungsfreudigen Gremien der Gepa in Schwelm haben wir geleistet“, behauptet hingegen die Internationale Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungsdestinationen Cocos International aus Düsseldorf. Daß die geplante Zusammenarbeit schon im Vorfeld scheiterte, begründen Friedrich und Cocos- Sprecher Wim de Ruiter mit unterschiedlichen Vorstellungen in der Konzeption. Als freudestrahlende Dritte sehen sich Natour Umweltreisen und Wikinger Reisen dennoch nicht. Die Erwartungen, die sie mit den Gepa-Programmen verbinden, sind gemäßigt. Natour- Geschäftsführer Bernd Oldemeyer ist skeptisch: „Ich habe meine Erfahrungen gemacht und behaupte, daß die Deutschen noch nicht reif sind für diese Art von Alternativurlaub.“ Im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten, England oder Holland würde hierzulande das Interesse an der Mitarbeit im Artenschutz während eines Urlaubs fehlen.

Auch Jörg Niehus, Programmtüftler bei Wikinger Reisen, korrigiert die Erwartungshaltung nach unten. „Wir hängen die Meßlatte nicht sehr hoch. Fair Travel wird intensiven Kontakt mit Land und Leuten ermöglichen.“ Der Blick in das Gepa-Standardprogramm für Costa Rica macht deutlich, was er meint: Stadtrundfahrt durch San José zum Auftakt, vier Stunden Spanischunterricht, um halbwegs vernünftig „Buenos Dias“ nuscheln zu können, Ausflüge zu Vulkanen und Wasserfällen, ein wenig Kaffeepflücken, Besichtigung von Produktionsstätten, einige Übernachtungen bei Produzentenfamilien sowie viel Zeit zur Besinnung beim Angeln im Fluß und am Strand.

Auf den Punkt gebracht: Projekttourismus light – der Hybrid aus ein wenig Workcamp-Aufenthalt und vielen Elementen touristischer Standardreisen. Auch wenn ein Teil der Geldes bei den Bereisten bleibt – landesübliche Preise für den gebotenen Übernachtungsstandard sollen gezahlt werden –, zweifeln Experten an der sozialverträglichen Wirkung dieses Angebotes. Professor Vorlaufer, der sich am Geographischen Institut der Universität Düsseldorf mit der Problematik von Tourismus in Entwicklungsländern beschäftigt, äußerte bereits während der schwammigen Präsentation seine Zweifel: „Ich wage die These, daß die räumlichen und sozialen Disparitäten durch diese Art von Tourismus in den besuchten Gegenden noch verstärkt werden!“

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