Die literarische Woche

Heute: Die Augen eines 15jährigen nehmen anders wahr, und das gilt auch für Verzweiflung, die Hoffnung oder ihre Abwesenheit. Als Jugendlicher wurde der ungarische Schriftsteller Imre Kertész nach Auschwitz deportiert. Seinen Roman eines Schicksallosen stellt er heute vor: die ganz anderen, extrem genauen Beobachtungen eines Kindes im Grauen. Literaturhaus, Schwanenwik 38, 20 Uhr

Mittwoch: Noch ist das Internet eine wildwuchernde Welt ohne Grenzen, auf deren Straßen und Gassen sich weltweit so viele Menschen tummeln, daß niemand genau weiß, ob es 50 oder 70 Millionen sind. J. C. Herz, 1971 geboren und schon seit Studienzeiten Internet-Spezialistin beschreibt das Net in ihrem Buch Surfen auf dem Internet für Insider – eine Mischung aus Adreßbuch und Nachdenken über das Abhängigwerden. Mojo Club, Reeperbahn 1, 21 Uhr

Donnerstag: Die Reihe Literarische Kultur in Hamburg 1945 - 1950 wird von Hans-Joachim Lang, Heilwig von der Mehden-Ahlers, Gregor von Rezzori und Günther Schnabel fortgesetzt, die über die literarische Szene der Nachkriegszeit in der Hansestadt sprechen. Literaturhaus, 20 Uhr

Freitag: Um den „Faktor S.“ geht es der Wienerin Hazel Rosenstrauch – S wie Sehnsucht, Surplus, Sinn, Spiel, Stil. Die Grazie der Intellektuellen – Natascha und der Faktor S. hat sie ihren Essay genannt, in dem die Protagonistin sich frei schwebend zwischen unbrauchbar gewordenen Orientierungshilfen, den Versatzstücken des „post-everything“ und der nahenden Zukunft bewegt und über eine Intellektuelle des nächsten Jahrhunderts spekuliert. Literaturhaus, 20 Uhr

Sonntag: Anläßlich des Erscheinens der deutschen Ausgabe von Ken Saro Wiwas Gefängnistagebuches Flammen der Hölle, spricht der Saro-Wiwa-Vertraute Obioro Ike. Es lesen die Schauspieler Sylvie Rohrer und Werner Wölbern. Thalia Theater, Alstertor 1, 11 Uhr

Montag: Manche Leben verströmen so viel Kraft, daß sogar das Nachempfinden einer solchen Vita noch wärmen kann. Die von Jan Christ in seinem Roman Anna Wentscher beschriebene Radikale steht wie ein außerirdischer Fremdkörper im biederen, bigotten, militaristischen späten 19. Jahrhundert. Ihre Zeit mußte eine Frau wie sie, die alles in Frage stellte, zur Hexe stilisieren. Kassandra war ja auch unbeliebt. Literaturhaus, 20 Uhr