: SPD-Linke stellt Sparhaushalt in Frage
■ Landesschatzmeister Benneter: Mit dem Nein zur Fusion entfällt Pflicht zur Verringerung der Nettokreditaufnahme
Am Tag, nachdem der Staatsvertrag in den Altpapiercontainer befördert wurde, begann in der SPD die Debatte um die Auswirkungen auf die Politik der Großen Koalition. Landesschatzmeister Klaus-Uwe Benneter warnte gestern den Senat davor, das Berliner Ergebnis als „Vertrauensvotum“ zu interpretieren. Wahlbeteiligung und -ergebnis seien kein „Ruhmesblatt“.
Vor allem die Abstimmung der jungen Menschen – die unter 30jährigen gehören in beiden Ländern zur stärksten Gruppe der Neinsager – sollten der Koalition zu denken geben. „Viele haben sich glatt verweigert“, so Benneter. An seine Partei richtete der SPD- Linke den Appell, in der anstehenden Debatte um den Haushalt 1997 „das soziale Augenmaß“ nicht zu verlieren. „Jetzt einfach noch einmal eine Streichorgie hintendran zu hängen, das geht nicht“, betont der Jurist.
Für Benneter hat das Nein zur Fusion deshalb Auswirkungen auf die weitere Debatte um die Konsolidierung der Finanzen. Die im Staatsvertrag festgelegte Verpflichtung für das Land Berlin, seine Nettokreditaufnahme jährlich um 650 Millionen abzubauen, sei mit dem Nein entfallen.
„Diese harte Kante gibt es nicht mehr. In diesem Punkt sollten wir uns nicht weiter strangulieren lassen“, so Benneter gegenüber der taz. Jetzt komme es für die SPD darauf an, die Vor- und Nachteile einer „befristeten zusätzlichen Nettoneuverschuldung“ ebenso offen wie die Frage einer weiteren Veräußerung von Landesvermögen zu diskutieren. „Das muß gegeneinander abgewogen werden“, so Benneter.
Überzeugt gab sich der Rechtsanwalt, der zu den schärfsten Gegnern der Großen Koalition gehört, daß das Thema Finanzpolitik auf dem kommenden SPD-Landesparteitag am 15/16. Juni eine „wichtige Rolle“ spielen wird. Die Parteilinke, der Benneter angehört, will eine eigenen Antrag einbringen.
Unterdessen hielten gestern Senat und Koalitionsparteien nach Möglichkeiten zur künftigen Zusammenarbeit mit Brandenburg Ausschau. Dem Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) fiel eine „institutionell“ abgesicherte Kooperation ein. Sie könne, so der Chef der Senatskanzlei, Volker Kähne, Rechtsgrundsätze im Bereich Wirtschaft, Polizei oder Hochschulen vereinheitlichen.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Böger schlug seinerseits die Bildung einer gemeinsamen Regierungskommission vor. Sie könne sich um eine Abstimmung bei Krankenhäusern, Universitäten, Wissenschaftseinrichtungen und bei der Verkehrsplanung kümmern. Severin Weiland
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