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„Eine Fusion muß von unten wachsen“

■ Lothar Bisky ist Bundesvorsitzender der PDS und Fraktionschef in Potsdam

taz: Ist das Nein der Brandenburger ein Erfolg für die PDS?

Lothar Bisky: Die PDS ist an diesem Erfolg der Vernunft ohne jeden Zweifel beteiligt. Wir sind offenbar näher dran am Denken und Empfinden der Brandenburger. Die Regierung sollte sich fragen, warum sie sich von der Bevölkerung so weit entfernt hat.

Welche Konsequenzen hat das Ergebnis auf die Arbeit der PDS?

Daß wir in Brandenburg nicht ganz schwächlich sind, hat sich herumgesprochen. In dieser wichtigen landespolitischen Frage hat die Bevölkerung uns mit großer Mehrheit zugestimmt. Sie möchte aktiv an der Politik beteiligt werden und nicht nur ja oder nein sagen zu fertigen Verträgen.

Bedeutet das nicht eine neue Herausforderung für die PDS?

Zunächst wird sich die SPD fragen müssen, ob sie weiterhin CDU-light-Politik betreiben oder ob sie zu einer Politik notwendiger Reformen zurückzukehren will. Dabei könnte sie mit unserer Unterstützung rechnen. Wir haben unsere Opposition gegen diese Politik deutlich gemacht.

Muß die PDS aber nicht von ihrem Neinsager-Image weg, wenn sie in Zukunft in Berlin und Brandenburg politisch eine wichtigere Rolle spielen will?

Zu einem besseren Vertrag hätten wir auch ja sagen können.

Die PDS wird jetzt die Prügel einstecken müssen.

Es bringt den gegenwärtig Regierenden nichts, mit der PDS- Keule um sich zu schlagen.

Aber die Westberliner haben zugestimmt, die Ostberliner und Brandenburger waren gegen die Fusion. Haben die Ossis die Zeichen der Zeit nicht erkannt?

Diese Art von Arroganz sind wir gewohnt. Der ganze Osten ist ja sowieso ein Territorium von Dummköpfen, die zurückgeblieben und rückwärtsgewandt sind. Das ist doch alles Quatsch!

Haben die Ossis mit dem Kopf oder mit dem Bauch abgestimmt?

Mit beidem. Da gibt es doch einen Zusammenhang. Wenn der Bauch leer ist, ist der Kopf schwer und umgekehrt.

Sollte Stolpe zurücktreten?

Das müssen Sie ihn fragen.

Stolpe hat fast zwei Drittel der Bevölkerung nicht vertreten. Könnte die Opposition da nicht seinen Rücktritt fordern?

Manfred Stolpe hat sich in Bezug auf die Meinung der Bevölkerung ganz entschieden geirrt. Aber hier ging es nicht um die Wahl Stolpes oder der SPD. So etwas will ich in das Abstimmungsergebnis auch nicht hineininterpretieren.

Ist das Thema Länderfusion jetzt ein für alle Mal vom Tisch?

Eine Fusion muß von unten wachsen. Wenn sie bei der Zusammenarbeit positive Erfahrungen sammeln, können sich die Menschen konkret dafür entscheiden.

Halten Sie es für sinnvoll, es noch einmal zu probieren?

Wenn im Ergebnis einer gemeinsamen Entwicklung eine Fusion erneut auf der Tagesordnung steht, werden wir uns nicht verweigern. Interview: Christoph Seils

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