: Burundis Bürgerkrieg eskaliert
■ Tausende Zivilisten fliehen vor den sich ausweitenden Kämpfen zwischen Armee und Hutu-Rebellen
Nairobi (taz) – Die Gewalt im Bürgerkrieg in Burundi eskaliert weiter. Mitarbeiter von internationalen Hilfsorganisationen, die anonym bleiben wollen, haben Militärs vorgeworfen, sie hätten vor zehn Tagen im Dorf Buhoro in Zentralburundi 235 Zivilisten ermordet, darunter 87 Kinder. Die meisten seien an Wunden gestorben, die ihnen mit Bajonetten zugefügt wurden.
Sprecher der bewaffneten Rebellenbewegung CNDD haben unterdessen erklärt, bei Gefechten in der Provinz Cibitoke seien im Lauf der vergangenen Woche mehr als 200 Regierungssoldaten getötet worden. UNO-Angaben zufolge sind mehr als 2.000 Zivilisten aus dem Kampfgebiet nach Zaire geflüchtet. Insgesamt haben seit Anfang März in Burundi etwa 100.000 Einwohner ihre Heimat verlassen, sowohl aus Angst vor Angriffen der Rebellen als auch aus Angst vor Racheakten der Armee.
Der Weg in den Bürgerkrieg in Burundi hatte im Herbst 1993 begonnen. Damals war der in freien Wahlen bestimmte Präsident Melchior Ndadaye bei einem gescheiterten Putschversuch der Armee getötet worden. Das Militär wird von der Tutsi-Minderheit dominiert, die bis zur Wahl Ndadayes im Juni 1993 die Macht in Burundi innehatte. Tutsi-Vertreter erklären, die Gefahr eines Völkermordes, vergleichbar dem im benachbarten Ruanda, erfordere den besonderen Schutz der Minderheit. Angehörige der Hutu-Mehrheit fühlen sich dagegen um den Sieg der von ihr dominierten Partei bei den Wahlen 1993 betrogen. Wiederholte Verhandlungen haben zur Bildung einer Koaltionsregierung geführt, die den Tutsi mehr Einfluß einräumt, als dies dem Wahlergebnis von 1993 entspricht. Die Regierung gilt jedoch inzwischen als fast völlig machtlos.
Die CNDD, die vor allem eine stärkere Öffnung der Armee für Hutus fordert, hat in den letzten Monaten den Krieg in fast alle Provinzen des Landes getragen, auch in den bis dahin weitgehend verschont gebliebenen Süden. Insgesamt wird die Zahl der Todesopfer auf mehr als 100.000 geschätzt. Friedensgespräche unter dem Vorsitz des ehemaligen tansanischen Präsidenten Julius Nyerere endeten am 26. April ergebnislos und wurden auf den 22. Mai vertagt. Beobachter bezweifeln jedoch, daß den Verhandlungen Erfolg beschieden sein kann – beteiligt sind lediglich Vertreter der Parteien, nicht aber die CNDD.
Die Guerilla bemüht sich nicht um territoriale Kontrolle einzelner Gebiete, sondern operiert landesweit vor allem mit Überfällen und Anschlägen und erzeugt so eine Destabilisierung der Gesamtsituation. In der letzten Woche wurden erstmals Minen auf der Hauptstraße entdeckt, die die Hauptstadt Bujumbura mit dem Norden und dem Osten des Landes verbindet. Schon in den letzten sechs Monaten wurden auf der Straße 123 Menschen, die meisten Zivilisten, bei Überfällen getötet. Die Unsicherheit erschwert den Transport von Lebensmitteln nach Bujumbura, wo inzwischen die meisten Hutu-Einwohner von der Armee vertrieben worden sind. Bettina Gaus
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