■ Soundcheck: Gehört: Gastr del Sol und Endresen & Wesseltoft / Ketil Björnstad Group
Gehört: Gastr del Sol
Post-Rock aus Chicago, also. Zunächst erzählte der dick bebrillte Experimental-Musikant Jim O–Rourke erstmal einen Witz von Farmer Brown und seinem erst dreibeinigen, dann zweibeinigen, dann einbeinigen Schwein. Sein Partner, Ex-Bastro David Grubbs, kannte den Witz schon. In der Folge erkundeten Gastr del Sol aber herausfordernd die Stille. Ohne ihren Drummer John McEntire (auch Tortoise und The Sea and Cake) mit nurmehr zwei akustischen Gitarren ausgerüstet, gingen sie mit wenigen Tönen auf die Suche nach der Befindlichkeit derselben. Im mäßig gefüllten MarX war man am Dienstag so zu Besinnung und Besinnlichkeit gezwungen, die das Zittern der Gitarren-Saiten und die schlaffen Drehungen des Miefquirls ins Blickfeld rückten. Verblüffend war, wie weit man sich auf die spartanischen Schwingungen des Duos einlassen konnte, aber auch wieviel Konzentration das erforderte. Volker Marquardt
Gehört: Endresen & Wesseltoft/ Ketil Björnstad Group Wenn ein Jazzfetischist auf einen Norwegen-Freak trifft, ergibt sich ein merkwürdiges Bild: Dann stehen Schneesturm-Muster-Pulli und Wikingermähne gescheiteltem Deckhaar gegenüber. Lauschen beide derselben Musik, hängt der eine Bildern von Fjorden, Fjellen und Fossen nachhängt, während sich der andere eher an der Dissonanz der Improvisation ergötzt. Wer beides mag, erlebte bei der Eröffnung der Norwegischen Kulturtage am Dienstag auf Kampnagel einen ausgesprochenen Hörgenuß voll musikalischer Bilder. Klar wie Gletschereis war die Stimme Sidsel Endresens – mal scharf schneidend, mal warm gehaucht. Mit Bugge Wesseltoft am Klavier entstand eine wilde und melancholische Mischung aus schrägen Jazz-Improvisationen, eigenen Kompositionen und bekannten Songs. Aus dem Popsong „15 Ways To Leave Your Lover“ wird ein experimentelles Jazzstück, bei dem auch sphärische Klänge nicht fehlen. Den zweiten Gig des Abends bestritt die Gruppe des Pianisten Ketil Björnstad. David Darling am Cello, Jon Christensen (Drums) und Terje Rypdal an der Gitarre schufen wunderschöne Klangbilder zwischen Jazz und Neuer Musik und mixten experimentelles Cello und Jazz-Drum mit Moll-Harmonien zu schwermütigem Gefühlsjazz. bkf
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