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Ewig zart wehen die Halme

Wie umwirbt man ein junges Mädchen? „Make romantic!“ Kayo Hattas Film „Das Geheimnis der Braut“ erzählt von einer japanischen Auswanderin, die einen Ehemann auf Hawaii findet  ■ Von Anke Westphal

Der Originaltitel dieses Films lautet „Picture Bride“. Er bezieht sich auf eine Ausreisewelle zu Anfang des 20. Jahrhunderts, als mehr als zwanzigtausend junge Frauen aus Japan, Okinawa und Korea nach Hawaii auswanderten und dort mit Männern verheiratet wurden, die sie nur von Fotos und aus Briefen kannten. Die sechzehnjährige Riyo kommt 1918 als „Picture Bride“ nach Hawaii. Ihr zukünftiger Mann, Matsuji, auf dem Foto ein flotter Hirsch, ist ungefähr fünfzig Jahre alt und unbeholfen; die Liebesgedichte, die er ihr schickte, hatte er jemandem abgekauft. Matsuji bewohnt eine wacklige Holzhütte mit Zaun drumherum und arbeitet auf den Zuckerrohrplantagen.

So ist das also mit den Träumen: Schlimme Aussichten für die kleine Riyo, eine grazile Traumtänzerin, ein Stadtkind. Riyo kann nicht zurück nach Japan, denn sie hat kein Geld für die teure Überfahrt und ein offenbar schreckliches Geheimnis.

Eigentlich geht es um Lebenslügen. „In der Ferne kannst du deine Vergangenheit weit hinter dir lassen und neu anfangen“, hatte ihr die Tante in Japan eröffnet, doch nicht einmal das stimmt: Das schlimme Geheimnis ist der Tuberkulose-Tod von Riyos Eltern. Daß er ein ernstes Problem für ihre Zukunft darstellt, wird dem Zuschauer nicht recht einsichtig. Solange nicht klar ist, was Riyo hinter sich lassen will und vor allem warum – aus Gründen der „Ehetauglichkeit“ nämlich –, denkt man unwillkürlich an Unaussprechliches wie ein Leben als Straßendirne oder sogar Mord. Daß Riyo die Krankheit, von der sie gar nicht befallen ist, verheimlichen muß, muß den ganzen Film tragen, Riyos Aussätzigkeit in der Heimat, ihre Ausreise und ihre bizarre Gattenwahl motivieren. Eine schwere Bürde für diese sich zäh und in entschieden zu malerischen Bildern entwickelnde Ehegeschichte. Grünes Grün, blaues Blau, exotische Blüten, wilde Wasserfälle und Wolken so schön wie die in Mecklenburg-Vorpommern – als Werbefilm für das hawaiische (bevor Sie es tun – ich hab' im Duden nachgesehen) Fremdenverkehrsamt wäre „Das Geheimnis der Braut“ eine Wucht.

Von Anfang an läuft alles auf Versöhnung hinaus – die ungelenken Bemühungen des gar nicht so unsympathischen Ehemanns und Riyos leichtfüßige Anmut bei der Zuckerrohrernte. Matsuji folgt dem Rat einer Bekannten, Riyo zu umwerben („Make romantic!“), und spielt den Rudolfo Valentino der Zuckerrohrplantage. Auch der Tod von Riyos einziger Freundin ist nur ein Stolpersteinchen auf ihrem Weg zu Matsuji. Bald sind beide ineinander verliebt, darüber hinaus auch beliebt und ringsum befreundet, und ewig wehen die Halme im Wind.

In diesem Film wird betrieben, was unter aufgeklärten Linken (wer immer das ist) gemeinhin mit der Formel „Ethnisierung des Sozialen“ kritisiert wird. Penetranter aber als von der armen, aber sauberen Idylle wird der Zuschauer von deren weltanschaulichem Hintergrund angestarrt. Mit seiner „Schmiede dein Glück“-Philosophie ist „Das Geheimnis der Braut“ ein ganz und gar amerikanischer Film.

„Das Geheimnis der Braut“. Regie: Kayo Hatta. Kamera: Claudio Rocha. Musik: Mark Adler. Mit: Youki Kudoh, Akira Takayama, Toshiro Mifune u.a., USA 1995, 90 Min.

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