: Der Zensor lebt
Ulrike Meinhof ist seit zwanzig Jahren tot – und ruft noch immer die Zensur auf den Plan. Das Deutschland Radio Köln (DR) hat das Feature „Sie war mir nah wie eine Schwester – Ulrike Meinhof und die Frauen“ kurzfristig abgesetzt. Chefredakteur Rainer Burchardt nahm den Beitrag der Autorin Ulrike Helwerth am Montag aus dem Programm. Er sollte eigentlich vorgestern, am 7. Mai, ausgestrahlt werden.
Nicht politische Gründe hätten den Ausschlag gegeben, erklärte Burchardt gegenüber der taz, sondern journalistische. So komme in dem Feature der O-Ton einer Zeitzeugin vor, die von der „Ermordung“ von Ulrike Meinhof „in einem deutschen Gefängnis“ rede. Die Autorin des Features habe diese Aussage im anschließenden Text nicht relativiert. An diesem Versäumnis ändere auch die Tatsache nichts, daß im weiteren Verlauf der Sendung andere Positionen zu Ulrike Meinhofs Tod zu hören seien. Außerdem beanstandete Burchardt, daß Teile der Sendung bereits am 3. Mai in der taz abgedruckt waren. Das hatte die Autorin mit dem Leiter der Feature-Redaktion, Heinz Klunker, abgesprochen. Klunker hat gegen die Absetzung der Sendung protestiert. Er war bereit, das umstrittene Zitat herauszunehmen, weitere Umarbeitungen hatte er aber abgelehnt.
Keine Problem mit der „journalistischen Qualität“ des Beitrags hatte der Saarländische Rundfunk. Er schickte das Feature am vergangenen Sonntag auf Sendung. Martin Geiling, Feature- Chef in Saarbrücken, hält die Arbeit durch die Originaltöne für „besonders authentisch“.
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