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Der Euro-Strommarkt rückt näher

■ Die EU-Energieminister sind sich im Prinzip einig

Brüssel (taz) – Nur bedingt erfolgreich endete am späten Dienstag abend in Brüssel der erneute Versuch, den europäischen Strommarkt zu liberalisieren. Die Energie- und Wirtschaftsminister der 15 EU-Staaten konnten sich zwar auf Grundzüge einer Öffnung der bisher streng national organisierten Elektrizitätsversorgung einigen. Doch der Zeitplan der Liberalisierung ist nach wie vor strittig. Ein Sonderrat soll aber bereits im Juni das Reformpaket unter Dach und Fach bringen.

Die italienische Präsidentschaft hatte mit ihrem neuen Vorschlag Bewegung in die bereits seit fünf Jahren laufenden Verhandlungen gebracht. Großabnehmer könnten sich nach diesem Plan künftig ihre Lieferanten selber aussuchen. Ist der heimische Anbieter zu teuer, dürften auch Angebote aus dem Ausland geprüft werden. Zunächst würden nur Großabnehmer in den Genuß der Marktfreiheit kommen, die mindestens 40 Gigawattstunden im Jahr verbrauchen – das entspricht dem Stromverbrauch von 20.000 Privathaushalten. Innerhalb von zehn Jahren soll dieser Schwellenwert jedoch kontinuierlich auf 10 Gigawattstunden abgesenkt werden.

So würden anfangs 25 Prozent, am Ende immerhin 40 Prozent des europäischen Energiemarktes liberalisiert. Deutschen und Briten geht dies zu langsam, den Franzosen zu schnell. „Das wichtigste ist, daß jetzt auch die französische Regierung die automatische Absenkung des Schwellenwertes akzeptiert“, erklärte Wirtschaftsminister Günter Rexrodt in einer Verhandlungspause. Noch vor einigen Monaten wollte eine Mehrheit jeden kleinen Liberalisierungsschritt neu aushandeln.

Wie schnell und umfassend die Märkte geöffnet werden, muß jedoch bis Juni erst noch geklärt werden. Der italienische Energieminister Clo wird die europäischen Hauptstädte bereisen, um einen Kompromiß vorzubereiten.

Vor allem die Franzosen haben erhebliche Vorbehalte gegen die Liberalisierung. Der „Service Public“ ist faktisch unantastbar. Er besagt: „Jeder zahlt für die gleiche Leistung den gleichen Preis, ob auf dem Land oder in der Stadt, ob Großabnehmer oder Kleinverbraucher.“ Doch das gilt schon längst nicht mehr. Nach Angaben des französischen Monoplisten Electicité de France (EdF) gibt es allerdings heute schon ein kompliziertes Tarifsystem, nach dem die Industrie deutlich billiger an den Strom kommt. So ist die Furcht der Franzosen berechtigt, daß eine auf Großabnehmer beschränkte Liberalisierung den Haushaltsstrom weiter verteuern könnte. Christian Rath

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