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■ KommentarZweierlei Maß

Und schwupp, da waren es nur noch zwei. Nachdem Altona vorgeprescht ist, Eimsbüttel sich nicht mehr grundsätzlich verweigern wollte, zieht jetzt auch Hamburg-Nord nach. Legalize Bauwagen heißt die Devise. Während in Bergedorf und Harburg, den flächenreichen Süd-Bezirken der Stadt das „Bauwagen-Problem“ noch keine Rolle spielt, halten von den betroffenen Bezirken nur noch Wandsbek und Hamburg-Mitte an ihrem Verweigerungskurs gegenüber der alternativen Wohnform auf Rädern fest. Weil das Stadtbild tradierter Sozialdemokraten sich nun mal nur aus Sozialwohnungen, Reihenhäusern und Wellingsbüttler Villen für die SenatorInnen zusammensetzt. Und alles Bunte, was diese normierte Ordnung stört, eben weg muß.

Ob Hafenstraße, Rote Flora oder Bauwagenplatz – alternative Lebensformen müssen in der ach so liberalen Hansestadt noch immer schwer erkämpft werden. Um die Blockade im eigenen Hirn zu begründen, klammern sich die Verweigerer an Gesetze von anno dazumal, unter völlig anderen gesellschaftlichen Bedingungen formuliert. Kleinkarierte Wagenburgmentalität, die nun endlich auch innerhalb der SPD in Frage gestellt wird.

Menschen, die sich in Zeiten der Wohnungsnot ein Dach über dem Kopf organisieren, zu vertreiben, macht wenig Sinn. Auch andere Tabus müssen angegangen werden: Etwa das grundsätzliche Verbot, in ausgebauten Schrebergarten-Lauben zu wohnen. Denn zu beklagen, die Bauwagen würden dem Wohnungsbau im Wege stehen und unverhältnismäßig viel des innerstädtischen Terrains verschwenden, ist unlogisch, solange die Schrebergarten-Parks nur als Zweitbleibe genutzt werden dürfen.

Marco Carini

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