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Wütend studieren

■ StudentInnen mit UniWut im Bauch: Sie streiken nicht, protestieren aber weiter. Flugblätter werden Prüfungsstoff

Die StudentInnen der Berliner Hochschulen sind drauf und dran, eine neue Aktionsform zu entwickeln: die „Ja-aber-Uni“. Ja, wir besuchen die Seminare, aber der Bildungsklau macht uns wütend! Also wird die UniWut auch nächste Woche weitergehen: öffentliche Seminare, spontane Demos und Blockaden. Die Studierenden wehren sich gegen die Einführung von Studiengebühren und das „Kaputtsparen“ der Hauptstadt-Hochschulen.

Nach einer aktionsreichen Woche frönten auch die Vollversammlungen (VV) der drei Unis fröhlich dem „Ja-aber“: die Humboldt-VV lehnte einen Streik ab, die Studis dort sind aber aktionsbereit. Die TU-VV vertagte sich auf Montag 12 Uhr, einzelne Institute proben weiter den Aufstand. Die Freie Universität votierte für einen einwöchigen „Streik“.

An der Technischen Universität bilanzierte ein Student der Geodäsie, „daß es für einen Totalstreik keine Mehrheit gibt“. Er kündigte vor 300 Studis „sinnvolle Aktionen“ an, „mit denen wir der Bevölkerung klare politische Zielsetzungen vermitteln“. Das heiße: Weg mit den Studiengebühren und her mit den geklauten Tutorien. Kürzungen von 1,8 Millionen Mark drohen an der TU das sogenannte Berliner Tutorenmodell zu zerstören. Die witzigste Aktion an der TU: Professoren der Informatik haben die verteilten Flugblätter zu prüfungsrelevantem Stoff erklärt. Wer sie nicht studiert, fällt durch.

An der Humboldt-Universität kritisierten die Studis bei ihrer VV, daß die Proteste keine Inhalte der keimenden Studentenbewegung transportierten. Blinder Aktionismus herrsche vor, wo es um das Erarbeiten von Konzepten gehe. Ein Student mokierte sich darüber, daß die Proteste öffentlichkeitswirksam seien, ihre politische Wirkung jedoch noch zu wünschen übrig lasse. Obwohl die Proteste an der HU bislang am stärksten waren, lehnte die von rund 1.400 StudentInnen besuchte VV gestern einen Streik mehrheitlich ab. Wie an der TU sollen aber auch Unter den Linden die öffentlichen Protestaktionen weitergehen. Bei Humboldts hat sich zudem eine Gruppe gebildet, die zu einem Boykott der Studiengebühr aufruft. „Wir prüfen die rechtlichen Möglichkeiten, gegen die Studiengebühr zu klagen“, sagte ein Sprecher des Studentenparlaments.

An der Freien Universität beschlossen rund 1.300 StudentInnen auf ihrer VV, in der kommenden Woche zu streiken. Die Aktivisten wollen den Streik genannten Boykott der Lehrveranstaltungen gegen studierwillige KommilitonInnen durchsetzen – worüber fleißige Studiosi empört waren.

Unterdessen haben die StudentenvertreterInnen der Landes- Asten-Konferenz beschlossen, mit Wissenschaftssenator Peter Radunski (CDU) „keine Kungelrunden“ zu führen. Radunski, der den Studenten ein Gespräch „im kleinen Rahmen“ angeboten hatte, beharrt auf seinem Vorschlag. Auch der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) solle an dem Gespräch teilnehmen, teilte Radunskis Sprecherin mit. Der seit zwei Monaten amtierende Wissenschaftssenator, dem die Studierenden vorwerfen, er habe von Hochschulen „keine Ahnung“, hat die Teilnahme an einer Podiumsdiskussion am 28. Mai in der Humboldt-Uni zugesagt. rap/cif

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