: Bund hebelt Architekten aus
■ Bei den Wohnungsbauten für Parlamentarier im Moabiter Werder werden Architekten kurzgehalten. Der Bund vergibt Planungen an Generalunternehmer
Bei den geplanten Wohnungsbauten des Bundes am Moabiter Werder, der Zehlendorfer Truman Plazza und in Pankow erhalten Architekten immer früher Berufsverbot. Anstatt den Bau bis zur Fertigstellung zu begleiten, ist nach der Genehmigungsphase Schluß. Der Bauherr, die Wohnungsbaugesellschaften Deutschbau und Frankfurter Siedlungsgesellschaft, vergibt die Ausführungsplanung an Generalunternehmer, die preiswert, schnörkellos und ohne die Ansprüche des Architekten den Bau durchziehen sollen. Der Bund erhofft sich dadurch Zeitersparnis bei der Realisierung der Beamten- und Parlamentarierbuden.
Das Job-sharing und die propagierte „Kostenoptimierung“ der Bundesbaugesellschaften sind für die Architekten sowie deren Verbände nicht nachvollziehbar. „Daß die Ausführungsplanung nicht mehr mit den Architekten gemacht werden soll, hat das Vertrauensverhältnis zum Bauherrn angekratzt“, sagte Georg Bumiller, Planer der 750 Wohnungen im Moabiter Werder, zur taz. Die Entscheidung, an dem schlangenförmigen Bau nur noch bis zur Genehmigung mitarbeiten zu können, käme „einem Verfall der Architektenrolle“ gleich.
Es sei zwar mit der Deutschbau und der Frankfurter Siedlungsgesellschaft verabredet, dem Büro bei „Details“ ein Mitspracherecht einzuräumen, so Bumiller. Von einer „Oberleitung“ des Architekten, vom Entwurf bis zur Schlüsselübergabe des Bauwerks, könne aber nicht mehr die Rede sein. Bumiller war Ende 1995 mit seiner spektakulären „Schlange“ aus einem Bauwettbewerb als Sieger hervorgegangen. Die rund 200 Millionen Mark teuren Bundeswohnungen brachte der Architekt in einer ansteigenden „Welle“ hinter dem Kanzleramt im westlichen Spreebogen unter. Ende 1996 soll der Grundstein für die Wohnbauten gelegt werden.
Bumiller wandte sich nicht nur dagegen, daß „originäre Leistungen der Planer an Unternehmen fallen“. Die Vergabe der Ausführungsplanung und die Ausschreibung an einen Generalunternehmer bildeten ebenfalls keine Garantie für kostengünstiges Bauen. Vielmehr würde den Unternehmen und der Bauindustrie ein „enormer Spielraum“ eingeräumt, ihre Interessen und Materialien einzubringen. Bumiller: „Die wollen mitverdienen.“ Hinzu komme oftmals noch ein Qualitätsverlust.
Schützenhilfe erhält Bumiller von der Architektenkammer und dem Bund Deutscher Architekten (BDA). Derzeit sei eine „allgemeine Entwicklung“ zu beobachten, Architekten von der Planung und Ausführung zurückzudrängen, sagte Beate Winkler, BDA- Berlin. Im Falle der Bundeswohnungen sei das „nicht sehr förderlich“ für die Zusammenarbeit zwischen Bauherr und Architekt.
Der Geschäftsführer der Deutschbau, von Barby, wollte Bumillers Kritik nicht gelten lassen. Die Architekten dürften „wesentliche Details“ mitplanen. Die Entscheidung, einen Generalunternehmer zu beauftragen, habe „ökonomische Gründe“. Barby: „So kann rationeller geplant werden, sonst galoppieren die Kosten davon.“ Barby räumt ein, daß sich die Rolle der Planer geändert habe. Er kritisierte zugleich, daß sich viele Architekten noch wie zu Zeiten der „Handwerkerzünfte“ fühlten. Der Bund müsse für den Umzug schnell bauen. Darum sei es notwendig, auch Neuerungen am Bau zu akzeptieren. Rolf Lautenschläger
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