■ Querspalte: Der Zehnte für das Finanzloch
Wohltätigkeit ist eine feine Sache, denn, wie der Name schon sagt, es fühlt sich derjenige hinterher immer besonders wohl, der zuvor wohltätig ist. Mit etwas Glück kommt man sogar ins Fernsehen. Zum Beispiel neulich, am Samstagabend im Ersten. Da gab es eine Gala zugunsten von Aidskranken, bei der die Zuschauer glücklicherweise nicht durch den Anblick abgemagerter Aidskranker belästigt wurden. Statt dessen turnten die blond lächelnde Moderatorin Eva Hermann und ein paar gesunde Schlagerstars in die deutschen Wohnzimmer. Wer zufällig neben dem Fernseher ein Fax zu stehen hatte, durfte gleich in die Sendung hinein spenden und fand sich im durchflimmernden Untertitel wieder. (...S. Biedenkoben, Bad Oldesloe, 50 Mark. Die Firma Schwimm und Surf, München, 5000 Mark...) Von den Spendengeldern bekommen die Aidskranken „Matratzen, auf denen sie in ihrem Schweiß liegen können“, informierte Rita Süssmuth. So genau hatte es keiner wissen wollen, aber zum Entertainment gehört das Elend. Diese Verbindung hat Tradition (Wohltätigkeitsbälle) und jetzt wieder Zukunft.
Der Arbeitslosenverband Deutschland hat das erkannt und eine Gedenkmünze zum 70. Geburtstag der Monroe herausgebracht. Auf dem goldenen und silbernen Edelmetall schimmmern die nackten Beine und weht das sattsam bekannte Röckchen. Die Monroe habe zwar auch Not kennengelernt, verkörpere aber „Lebensfreude und Lebenslust“, und genau an selbigem mangele es den Arbeitslosen, klagt der Verband. Deswegen gehen auch zwölf Mark des Kaufpreises von 198 Mark (Gold-Version) an die Organisation. Die ist einer der größten Träger für AB-Maßnahmen im Osten und von Millionen- Kürzungen heftig betroffen. Aber so genau will auch das keiner wissen. Übrigens bringt Finanzminister Waigel morgen erstmalig eine Wohlstaatsmarke heraus. Zum Geburtstag Dagobert Ducks, mit dem goldenen Konterfei des Milliardärs. Kostet 1,10 Mark. Zehn Pfennig davon stopfen das Haushaltsloch. Barbara Dribbusch
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