: Plastik in der Pizza
■ Pizzabäcker zu Geldbuße verurteilt
Ein etwa zwölf Quadratzentimeter großes Stück Kunststoffolie und ein kleinerer Ableger, die ein Kunde in seiner Spinatpizza gefunden hatte, sollten den Imbißinhaber Sewa H. aus Indien teuer zu stehen kommen: Eine Geldbuße von 200 Mark und sämtliche Gerichtskosten muß H. wegen Verstoßes gegen das Lebensmittelgesetz berappen. Gegen das ursprünglich festgelegte Bußgeld über 300 Mark hatte H. Einspruch eingelegt mit der Begründung, die Herkunft der Pizza sei nicht eindeutig geklärt.
Das Gericht hingegen geht davon aus, daß es sich um eine Pizza handelt, für deren Herstellung H., wenn nicht eigenhändig, dann zumindest juristisch verantwortlich sei. Daß die Geldstrafe um 100 Mark erlassen wurde, liegt zum einen daran, daß H. nie strafffällig geworden ist. Zum anderen hatte die zuständige Polizeibehörde am ordnungsgemäßen Zustand der Pizzeria nichts auszusetzen.
Auch am letzten Prozeßtag hält H. daran fest, daß die Pizza womöglich gar nicht aus seinem Laden stamme. Das behauptet allerdings der Kunde, der sich, nachdem er die blauen Teilchen als ungenießbar identifiziert hatte, umgehend bei einem Mitarbeiter von H. beschwerte. Mit den ausweichenden Worten: „Das kann ich mir gar nicht vorstellen,“ wimmelte der Pizzabäcker den Kunden am Telefon ab. Der gab sich damit jedoch nicht zufrieden und ging geradewegs mit der Pizza zur Polizei. Das Beweisstück wanderte zuerst einmal in die Tiefkühltruhe, damit es bis zur gerichtsmedizinischen Untersuchung nicht bis zur Unkenntlichkeit vergammelte.
Bei der „Obduktion“ wurden keine weiteren Kunststoffetzen gefunden und, abgesehen von den ungebetenen „Zutaten“, machte die Teigware einen durchaus appetitlichen Eindruck.
Wozu er denn die blaue Plastiktüte beim Pizzabacken benötigt hätte, will der Richter von H. wissen. „In einen dünnen Pizzaboden paßt ein so großes Kunststoffteil gar nicht hinein“ entgegnet dieser. Von dieser Erklärung zeigt sich das Gericht jedoch nicht sonderlich beeindruckt. „Es sind schon Mäuse in Broten aufgetaucht“, bemerkt der Richter lakonisch und verkündete das Urteil.
Nachdem der Betroffene und sein Verteidiger den Sitzungssaal verlassen haben, denkt der Richter laut über die Frage nach, wie denn nun der lebensmittelrechtlich nicht zugelassene Fremdkörper in die Pizza gelangt sein könnte. Da es sich offenbar nicht um einen „amtlichen Müllsack“, sondern eher um einen Frischhaltebeutel handele, könnte H. vielleicht einen Sack frischen Spinat aufgerissen und dabei das Gemüse mit den Plastikfetzen in den Kochtopf gekippt haben. „Ja, so muß es gewesen sein“, freut sich der Richter und lehnt sich zufrieden zurück. ick
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