Die Häfen in der Klemme

■ Der Containerverkehr boomt - aber Geld verdient damit kaum jemand

Der Siegeszug der genormten Kiste, von der sich die Bremischen Häfenpolitiker die Zukunft versprechen, scheint unaufhaltsam. 5200 Containerfrachter schippern mehr als acht Millionen Container kreuz und quer über die Weltmeere: Praktisch an Deck gestapelt und wechselweise gefüllt mit Bananen aus Südamerika oder CD-Playern aus Südkorea, deutschen Autoteilen auf dem Weg zur Endmontage in Südafrika oder amerikanischen Blue-Jeans zum Knopf-Annähen in die Karibik. 22 Prozent des wachsenden Welthandels reisen in der Kiste. Tendenz steigend. Studien sagen eine Verdreifachung des Containervolumens bis zum Jahr 2010 voraus. Eine Erfolgsgeschichte für alle Beteiligten, könnte man meinen.

Richtig froh jedoch ist zur Zeit niemand mit dem Containergeschäft: Reeder klagen über sinkende Frachtraten, die nur noch zwei Prozent des Warenwertes ausmachten (früher 10 %). Zu viele Schiffe böten ihre Dienste an, dennoch würden immer größere Containerriesen mit bis zu 5000 Kisten Kapazität gebaut, um die Kosten zu drücken. Zudem hat die Konkurrenz aus Asien die früher durch Preisabsprachen für einzelne Linien satten Gewinne der Reeder schrumpfen lassen.

Den Druck geben die Reedereien an die Häfen weiter. Alle Umschlagsbetriebe leiden unter knappen Erlösen. Dem gegenüber stehen riesige Investitionen für neue Kajen, Verladebrücken, Lagerflächen und Bahnanschlüsse. Mehr als 500 Millionen Mark steckt Bremen ins neue Containerterminal CT III in Bremerhaven.

Seit zehn Jahren sinken die Preise für das Bewegen eines Containers. Was Reedereien bezahlen, ist gutgehütetes Geheimnis. Da gibt es Mengenrabatte, Abschläge für treue Kunden, Lockangebote. Es heißt aber, daß zwischen 100 und 500 Mark pro Container fällig werden. Kürzlich veröffentlichte die Maersk-Reederei einen Vergleich, was Lotsen, Schlepper, Festmacher und Gebühren für ein 3.800-TEU-Containerschiff kosten: In Hamburg 64.000 Mark, Rotterdam folgt mit 60.000 und Bremen/Bremerhaven liegen mit 47.000 Mark im Mittelfeld.

Geld ist damit kaum zu verdienen: Die Bremer Lagerhaus Gesellschaft (BLG) mußte jetzt sogar eingestehen, daß sie auch im Wachstumsgeschäft Container ebenso wie im klassischen Stückgutumschlag Verluste einfährt.

Und das zum Jubiläum: 30 Jahre ist es her, seit der erste Container vor Schuppen 14 im Überseehafen von der Fairland, einem Schiff der amerikanischen Sea-Land-Reederei des ehemaligen Truckers Malcolm McLean, auf deutschen Boden gestellt wurde. Der zweite der 100 Behälter, den die bordeigene Ladebrücke von der Fairland hievte, stürzte ab und zerschmetterte die Zugmaschine.

Trotzdem konnte die damalige BLG-Führung die genial-einfache Transport-Idee des Amerikaners gegen Widerstände in der Bremer Kaufmannschaft und bei den um die Hafenjobs fürchtenden Gewerkschaften durchsetzen.

372.000 TEU-Standardcontainer (TEU: 20-foot equivalent unit) hat die BLG nach Daten des Bundesverkehrsministeriums in den ersten drei Monaten des Jahres 1996 umgeschlagen (Plus 0,3 %, Gesamtmenge des Hafenumschlags: Minus 0,4 %). Dennoch mußte die BLG auch beim Containerumschlag rote Zahlen schreiben. Bei der Hamburger Lagerhaus-Gesellschaft Hala wird dagegen versichert: „Wir verdienen auch mit Containern noch Geld.“

Weil die Preise vom knallharten Weltmarkt diktiert werden, ist der Wettbewerb um die Hafenkosten in vollem Gange. Die 3000 BLG-Beschäftigten werden mit einem Abbau von Sozialleistungen bezahlen. Die Belegschaft schrumpft ohnehin seit Jahren. Containerschiffe werden in der Regel binnen acht Stunden be- und entladen.

Im Wirtschaftsressort wird schon lange hinter vorgehaltener Hand der geringe Nutzen kritisiert, daß für das Land Bremen beim Containerumschlag nur wenig Geld und Arbeit hängenbleibe. Die BLG verweist hingegen auf 3000 Arbeitsplätze in und um den Container in Bremerhaven. Man habe keine Wahl, als im Kampf um die Verkehre der Zukunft gegen die nordwesteuropäische Konkurrenz aus Rotterdam, Antwerpen und Hamburg aufzurüsten. Die Stromkaje direkt an der Weser sei ein echter Standortvorteil. Die beschlossene und vom Bund zu bezahlende Ausbaggerung der Unterweser-Fahrrinne auf die für die größten Containerschiffe notwendigen 14 Meter Tiefe sei erheblich billiger und leichter durchzusetzen als die Vertiefung der Elbe, so BLG-Sprecher Schwerdtfeger.

Die Frage bleibt, ob die Bremischen Häfen letztlich am Container verdienen werden. Denn ein Ende des Preiskrieges der Reedereien um die weltweit verschifften Handelswaren ist nicht in Sicht. So muß auch die BLG zum 30jährigen Containerjubiläum einräumen, daß sich die Situation der Schiffe und Häfen wahrscheinlich weiter verschärfen wird. jof