: Spieler, Sieger, schöne Sätze
■ Volkstheater, live: „Die Profis“ von Borussia Dortmund & Zadeks „Mondlicht“-Inszenierung (Do., 21.45/23 Uhr, ARD)
Bisweilen wächst in der ARD- Programmplanung ja auf wundersame Art zusammen, was nach Überzeugung der Verantwortlichen gar nicht zusammengehört. So gibt's Donnerstag erst mal einen beachtlichen Versuch, den Mythos eines erfolgreichen Volkstheaters namens Borussia Dortmund zu ergründen. Ein Ballsportverein, der im Jahr 70 Millionen Mark umsetzt, aber noch immer das Image von Provinzialität und Volksnähe hat. Gerade so, als gingen die hochdotierten Balltreter nach dem Spiel noch wie anno Tobak an die nächste Frittenbude, um sich im Kreise ihrer Fans die ein oder andere Currywurst einzupfeifen.
Dabei weiß selbst der schlichteste Fan, daß seine BVB-Idole für ein paar Mark mehr in der nächsten Saison bei einem anderen Verein die Bodenständigen spielen würden. Aber in Dortmund funktioniert, was bei den Bayern immer so schön in die Hose geht. Weniger weil der Kohlenpotter an sich noch immer vom Underdog- Image lebt, sondern weil hier vom Trainer bis zum Präsidenten Spielleiter am Werk sind, die sich aufs professionelle Inszenieren von Bodenständigkeit und Volksnähe im Rahmen der Unterhaltungsmaschine Fußball verstehen. Wozu natürlich auch gehört, daß sie selbst ihren tumbesten Kickern eingebleut haben, vor laufenden Kameras die richtigen Sätze zu sagen. Da können selbst die drei Sportreporter der Dortmunder Lokalzeitungen nur noch staunen: „Wir arbeiten hier inzwischen in einem Beruf, den wir gar nicht gelernt haben. Wir sind ja jetzt so was wie Enthüllungsjournalisten.“
Theaterkritiker hätt's auch irgendwie getroffen. (Womit uns wieder mal eine dolle Überleitung gelungen wäre.) Denn nach BVB und „Tagesthemen“ gibt's dann richtiges Theater. Fast richtiges. Zum 70. Geburtstag von Peter Zadek läßt der WDR den Theater- Guru fersehgeschichtlich eine Art Rolle rückwärts versuchen. Spielte der Zadek Anfang der Siebziger etwa in seiner TV-Adaption von Tankred Dorsts „Der Pott“ exzessiv mit den technischen Möglichkeiten des Mediums, bringt er nun seine 95er Inszenierung von Harold Pinters „Mondlicht“ vor die Kameras. Live. Ohne Publikum. Die Mannschaftsaufstellung: Michael Degen, Angela Winkler, Johannes Silberschneider, Dominique Horwitz, Eva Matthes, Rolf Becker und Deborah Kaufmann. Spielzeit: 90 Minuten. Pause und Auswechslungen nicht vorgesehen. Sollte sich während des Spiels einer ernsthaft verletzen, droht Abbruch. Reinhard Lüke
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