■ Die erste rauchfreie Zigarette im Test
: Meilenweit für Feuchthaltemittel?

Augsburg (taz) – „HI. Q“ heißt das Produkt, das die Raucherwelt von Grund auf revolutionieren soll. Es sieht so ähnlich aus wie eine Zigarette und soll auch als solche verkauft werden. Es hat auch einen Filter, und irgendwas ist mit Zigarettenpapier umwickelt. Die Manager des Zigarettenkonzerns Reynolds nennen das „Tabak, der vorbereitet wird durch einen patentierten Vorbereitungsprozeß“.

Vorne an der Spitze des neuen Kunstprodukts aus Amerikas Nichtraucher-Raucher-Labors sitzt das, was RJR-People für ein „revolutionäres neues Konzept für eine Zigarette“ halten. Es ist eine Spitze aus Kohlenstoff, die glüht, nachdem man sie angezündet hat. Doch die „rücksichtsvolle Zigarette“, wie sie von RJR bezeichnet wird, verbrennt nicht, wird nicht kürzer, gibt keine Asche. In Augsburg hüpfen derzeit adrette junge Mädels und hübsche Jungs im Reynolds-Look durch die City und erteilen Kurzlehrgänge im HI.- Q-Anzünden. „Ein paarmal dran ziehen, etwas fester, ich sag' dann stopp!“ Und dann erfahren die Auserwählten, daß HI. Q bis zu 90 Prozent weniger Qualm als herkömmliche Kippen erzeugt. Ein „stark vereinfachter Rauch, der zu 80 Prozent aus Wasser- und Feuchthaltemitteln und lediglich zu 20 Prozent aus Teer und Nikotin besteht“ ist's, der sowas wie Raucherfeelings vermitteln soll. Eine Art Mini-Wasserpfeife womöglich? Der gemeine homo augsburgians ist, neben den Stockholmerinnen und Stockholmern, zum Europatestpanel erkoren worden. Wer also in good old Germany den neuen „taste of America“ hüsteln möchte, der möge gefälligst in die Fuggerstadt kommen. „Kommt gut“, schnauft ein etwas ratlos dreinblickender Augsburger dem Reporter entgegen. „Ich frag' mich, was da ankommen soll“, bellt ihm sein Nachbar ins Ohr. „Mir schmeckt's nicht“, tönt die betagte Dame gleich daneben. Und der RJR-Marketing-Manager Donald W. Fahnestock mit seinem überaus sympathischen Amerika-Slang hat auch gleich eine Antwort auf solch Despektierliches parat: „Der Geschmack ist anders, da machen wir uns nichts vor. Es gibt Leute, die den Geschmack mögen und es gibt Leute, die sagen, das ist nichts für mich.“ Dann breitet der Manager, assistiert von seinem Marketing- Service-Kollegen Dieter Stump, seine Raucherphilosophie aus. „Im Auto können sie rauchen und riechen danach nichts, ebenso in Konferenzen. Das ist ja besonders ins Deutschland schön, wo das Miteinander von Rauchern und Nichtrauchern noch viel besser, viel toleranter ist als in Amerika.“ Einen strengen Blick fängt sich der Reporter nach der Bemerkung ein, das, was da an Qualm dieser HI. Q entsteigt, stinke doch etwas chemisch. Mr. America dazu: „Nein, nein. Es hat eine leicht anderes Geruch. Von Stinken hab' ich nix gehört!“ Und doch stehen die Damen und Herren Testraucher da wie die kleinen Buben, die sich rotzfrech kurzerhand eine Schokoladenzigarette anzünden und sich dabei mächtig wichtig vorkommen. „Eigentlich rauche ich ja gar nicht“, grinst ein 18jähriger HI.- Q-Tester. „Ich bin also ein rauchender Nichtraucher. Oder bin ich ein nichtrauchender Raucher?“ Schmunzelt und verzieht sich, wie der Nichtrauch-Rauch aus dem Hause Camel. In 18 ausgewählten Tabakgeschäften zu Augsburg wird in den nächsten Wochen getestet. Ausgewertet wird ab 20. Mai in sogenannten Dialoggruppen. Und wehe, es wagt einer, von High Scheiß statt von HI. Q zu sprechen. Der muß zur Strafe alle Test-Schoko-Hülsen alleine paffen. Schlimmer noch. Wenn sie alle sind – „Das merkt man, wenn nur noch heiße Luft kommt“ –, muß er weitermachen bis er umfällt. Die spinnen, die Amis! Klaus Wittmann