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Firmenheirat mit einem japanischen Riesen

Die mittelständische Werkzeugfirma Trumpf aus Baden-Württemberg geht eine Allianz ein mit dem Baumaschinengiganten Komatsu. Wenige deutsche Unternehmen erkennen die Bedeutung des japanischen Marktes für Asien  ■ Aus Tokio Georg Blume

Wie viele Dutzend Male er schon in Japan war, hat Berthold Leibinger nicht gezählt. Doch das will nichts heißen: „Japan ist für uns Deutsche immer noch der schwierigste Markt auf der Welt“, sagt Leibinger, der als Vorstandsvorsitzender und Haupteigentümer Deutschlands größten Werkzeugmaschinenhersteller Trumpf leitet. Weit hergeholt ist das nicht: Immerhin kommen die vier weltgrößten Firmen dieser Branche allesamt aus Japan. Daraus zieht Leibinger freilich einen Schluß, den andere tunlichst vermeiden: „Japan ist unser Hauptwettbewerbsland. Deshalb können wir um Japan keinen Bogen machen und müssen in der japanischen Produktion zu Hause sein.“

Die Konsequenz dieser Betrachtungen eines schwäbischen Mittelständlers – wenngleich Trumpf mit fast einer Milliarde Mark Jahresumsatz in Stuttgart als Großunternehmen gilt – sind vor Ort in Tokio bisher ernüchternd: Nur rund 20 Millionen Mark oder 2,5 Prozent seines Gesamtumsatzes erwirtschaftet Trumpf in Japan, obwohl das Unternehmen hier seit Jahrzehnten fest verwurzelt ist. Doch lohnt der hohe Aufwand den mageren Erfolg?

Leibinger will nicht aufgeben, was er für prinzipiell unerläßlich hält. Deshalb versucht er es diesmal auf die große Tour: Anlaß seines Japan-Besuchs im Mai ist eine wagemutige Allianz mit dem japanischen Konzernriesen Komatsu. Der weltweit zweitgrößte Baumaschinenhersteller mißt allein vom Umsatz her das 15fache seines neuen deutschen Partners.

Trumpf soll nun für ein begleitendes Werkzeugmaschinenprogramm von Komatsu die technologischen Herzstücke liefern. Außerdem bietet Komatsu den Stuttgartern für ihre Maschinen das eigene Vertriebssystem in Japan an. Für den Präsidenten von Trumpf/Japan, Haruo Yoshioka, liegt darin die Bestätigung langjähriger Arbeit: Endlich habe ein japanischer Branchenführer die Überlegenheit der Trumpf-Technologie akzeptiert. Tatsächlich läßt es die japanische Seite an Höflichkeiten nicht fehlen: Zum ersten Mal wurde Leibinger jetzt zum Präsidenten des Komatsu-Konzerns vorgelassen.

„Wir sind frech genug, uns mit Leuten einzulassen, die viel größer sind als wir“, meint der aus der Höhle des Löwen Zurückgekehrte. Deutsche Beobachter mögen ob solchen Übermutes staunen: War Komatsu nicht ausgerechnet jener Konzern, der den renommierten deutschen Baumaschinenhersteller Hanomag in Hannover erst kaufte, um ihn anschließend kaputtzusanieren? Läuft nicht heute auch Trumpf Gefahr, in der Kooperation mit dem Giganten ausgebootet zu werden?

„Wir müssen aufpassen,“ gesteht Leibinger. „Es ist immer gefährlich, sich mit einem wesentlich Größeren einzulassen.“ Der Trumpf-Chef verläßt sich auf die eigene Stärke: Im für den Wergzeugmaschinenbau strategisch wichtigen Bereich der Kohlendioxid-Laser, mit denen bis zu zwei Zentimeter dicke Stahlplatten aufs genaueste geschnitten werden, ist Trumpf derzeit Weltmarktführer mit einem Anteil von 19 Prozent. Was Leibinger nicht sagt: Selbst ein so sicher erscheinender Technologievorsprung ist bei dem Entwicklungstempo der Branche schnell verbraucht.

Zum Kotau vor Komatsu gibt es wohl aus anderen Gründen keine Alternative: Auf diese Art und Weise gelangt Trumpf in unmittelbare Nähe seines Erzrivalen Amada, dem weltweit führenden Wergzeugmaschinenhersteller. Und wie gut die Trumpfsche Technik gegenüber der japanischen Konkurrenz mithält, läßt sich eben nur in Japan rechtzeitig testen, wo Amada seine Toptechnologien meist zwei Jahre vor ihrem Export anbietet.

Beispielhafte Bedeutung bekommt der Fall Trumpf, wenn man ihn zum Meßstein für den deutschen Maschinenbau im besonderen und die deutsche Wirtschaft im allgemeinen macht. Fest steht: Auf japanische Abenteuer à la Komatsu läßt sich zur Zeit kaum ein deutsches Unternehmen ein. Am derzeitigen Importboom in Japan sind deutsche Unternehmen nur unterproportional zu ihren bisherigen Marktanteilen beteiligt. Für Thomas Illemann, den Leiter der Deutschen Bank in Japan, liegen die Gründe dafür in einer „falschen Gesamteinschätzung Japans“. Deutsche Manager würden dazu neigen, Japan aufgrund der Probleme in der Finanzindustrie des Landes „gefährlich zu unterschätzen“. Statt dessen gelte es, den schwachen Finanzbereich und die starke Industrieseite in Japan getrennt zu betrachten.

Daß es auch anders geht, bewies kürzlich Ford durch seine Übernahme des angeschlagenen japanischen Autoherstellers Mazda. Kenneth Courtis, Ökonom der deutschen Bank in Asien, sieht darin das richtige Signal: „Kein ausländisches Unternehmen kann eine Asien-Strategie ohne eine Japan-Strategie entwickeln.“ Deutschen Managern sind solche Überlegungen derzeit fremd. Das zeigt auch die Bilanz von Manfred Dransfeld, dem Geschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer in Japan: „Japan ist bei uns kein Thema. Ich sehe keine deutschen Anbieter, die den Markt erobern.“

Bleibt für die deutsche Japan- Strategie also am Ende nur einer wie Leibinger, dessen Mutter schon in den zwanziger Jahren in Stuttgart Ostasiatika verkaufte und ihrem Sohn den Reiz des Fernen Ostens früh gewahren ließ? Für seinesgleichen hat der Trumpf-Chef eine Entschuldigung parat: „Bei den derzeit mageren Profiten im deutschen Maschinenbau ist es sehr schwer, langfristig zu denken, was man in Japan muß“, sagt Leibinger, fügt aber schnell hinzu: „Das ändert nichts an den Fehlern, die man damit macht.“

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