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Kohl in der Hängematte

■ Schuld an der Finanzkrise ist die Bundesregierung

Der deutschen Wirtschaft fehlen Millionen Arbeitsplätze, es fehlen innovative Ideen, es fehlt jede Menge Geld in den öffentlichen Haushalten. Und eine Idee von Zukunft haben Regierung und Konzerne auch nicht. Aber Schuldzuweisungen sind bei ihnen wohlfeil: Verantwortlich seien die da unten, die sich in ihrer sozialen Hängematte ausruhten, sagen die, die in den vergangenen Jahren die politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen getroffen haben.

Doch die Regierung Kohl war es, die große Teile der deutschen Vereinigung aus den Sozialkassen bezahlt hat und so die Arbeitskosten erhöht und die unteren Einkommensgruppen auf Kosten der Reichen geschröpft hat. Jetzt beklagt die gleiche Regierung die zu hohen Lohnnebenkosten. Die Regierung Kohl war es, die mit riesigen Steuerfreibeträgen den Freiberuflern der Republik fette Abschreibungen erlaubt und so selbst die Staatskassen geleert hat.

Die Regierungen von Bund und Ländern waren es, die weniger Geld für Bildung ausgegeben haben als fast alle anderen Industrieländer und seit 15 Jahren je zwei Studierende auf einem Studienplatz verkommen lassen. Und jetzt beklagen die Regierenden die sinkende Qualität der Hochschulausbildung.

Die Manager der deutschen Großkonzerne waren es, die sich Millionen an Gehalt auszahlen ließen, um Milliarden in den Sand und Zehntausende auf die Straße zu setzen. Eben diese Manager sind auch für die Arbeitsorganisation ihrer Firmen verantwortlich, der die Unternehmensberater von Mc Kinsey gerade erst einen miserablen Stand bescheinigt haben und die sie für die geringe Leistungsfähigkeit deutscher Arbeitnehmer verantwortlich machen.

Regierungen und Großbanken waren es auch, die seit Jahren unfähig sind, jungen Firmen das nötige Startkapital zum Wachsen zu vermitteln, während alte Konzerne Subventionen scheffeln.

Nicht das löchrig gewordene soziale Netz ist das Standortproblem, Chiantitrinker und Saumagenköche haben die Krise verschuldet. Und nun kommen dieselben Strategen der Regierung und wollen für eine ungewisse Zukunft und für eine europäische Währungsunion den gebliebenen sozialen Besitzstand derer da unten beschlagnahmen. Unverschämt, nicht? Hermann-Josef Tenhagen

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