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„Do you like my garage?“

■ Verschrottet eure Mantas und räumt die Ölfässer weg, denn eure Haut ist aus Metall! In dem Film „Metal Skin“ herrscht martialisches Endzeitrittertum

Mit seinem Erstlingsfilm „Romper Stomper“ schaffte es der australische Regisseur Geoffrey Wright in Deutschland bis in die vorderen Indexcharts. Zwei Jahre später, 1994, beschäftigte sich Wright wieder mit Haut. Diesmal liegen darunter nicht nur blanke Nervenstränge, sondern auch ölverschmierte PS- Monster. Wenn Joe und sein Kumpel Dazey zwischen vermodernden Werkhallen irgendwo im Australien des ausgehenden Industriezeitalters ihre Zündschlüssel umdrehen, wird es Zeit, die Strecke von Schaulustigen und Ölfässern frei zu räumen.

Mit „Metal Skin“ wollte Wright dem internationalen Genre des Auto-Rennfilms scheinbar den Todesstoß versetzen. Selten hatte man im Kinosessel so oft den Reflex, hinter sich nach dem Sicherheitsgurt zu greifen.

Einmal angelassen, werden die aufgetunten Rennwerkzeuge mit ihren Besatzungsmitgliedern – die schon vor dem Final-Countdown an der Fabrikmauer oder im nebligen Hafenbecken die Augen auf halbmast gedreht haben, als hätten sie eine dicke Mütze Kerosin zum Frühstück getankt – zu Kampfmaschinen. Für Sekundenbruchteile glaubt man, martialische Endzeitritter durchs Bild sausen zu sehen, die nicht einmal mehr Respekt vor dem Kotflügel des Rennkonkurrenten haben, geschweige denn vor dessen Leben.

Die Gefühle unter der harten Metallschale inszeniert Regisseur Wright gern als Stroboskopgewitter. Die Fahrer und ihre Kopilotinnen rasen vor Leidenschaft, später dummerweise auch vor Eifersucht. Joe gewinnt zwar schon mal ein Rennen im Auto, im Rennen um die Mädels aber zieht er stets den kürzeren. Joe kann noch soviel PS durch die Gegend schleudern, am Ende fahren die Mädchen mit dem hübsch schwarzgelockten Dazey hinter die Mülltonnen.

Joe ist die Karikatur des hundertprozentigen losers. Er kann weder flüssig sprechen, noch sieht er wenigstens im Monteurs-Outfit mit original Valvoline-Stickern nach was aus. Trotzdem schafft er es durch Beharrlichkeit und den Diebstahl einer Karre, die Satansmessen huldigende Savina in sein Allerheiligstes zu locken und die alles entscheidende Frage zu stellen: „Do you like my garage?“

Nichts würde man Joe so sehr gönnen wie eine Nummer auf dem Rücksitz. Doch am Ende strauchelt er wieder an irgendeinem gottverdammten Gullydeckel. Und wer darf dann stundenlang mit Savina in einer gottverlassenen Kirche so richtig geil den Satan rauslassen? Dazey. Das wird sich alles rächen, denn Joes debiler Vater ist nicht umsonst Schießpokalgewinner. Als Joe in seinem Supermarkt gefeuert wird, weil er für Savina Katzenfutter geklaut hat, und sein Vater wieder stundenlang mit dem Besenstiel an die Decke schlägt, während oben Mäuse seziert werden, dürfen wir mit ansehen, wie verletzbar ein Herz aus Stahl ist.

Leider können „rasante Schnitte“ und ein finaler Renn-Showdown, bei dem sich die Sehnsucht der Fahrer verwirklicht, mit dem Metall für immer eins zu werden, nicht völlig über einige unfallose Längen des Films und eine krasse Überbetonung der Blasphemie- Section hinwegtrösten. Andreas Becker

„Metal Skin“. Australien 1994, OF, Regie & Buch: Geoffrey Wright. Eiszeit Kino, tägl. 21 Uhr

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