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Abschied vom Müsli-Image

■ Eine Berliner Agentur entwickelte das neue Label für die Naturkostläden

Geahnt haben es viele, eine Marktstudie hat jetzt Gewißheit gebracht: die „Alternativen“ sind längst nicht mehr die Hauptkäufer in Naturkostläden. Die Kunden der Ökoszene sind dem Image der Bioläden voraus. Die Alternativen haben sich etabliert, doch dem Naturkosthändler hängt immer noch das Klischee vom Körnerfresser, Weltverbesserer und Jesus-Latschen-Träger nach.

„Wir müssen aktiv werden wie Greenpeace!“ Mit diesem Aufruf startete der Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) im Herbst letzten Jahres den Aufbruch. Hersteller, Großhändler und Einzelhändler wollten raus aus der Außenseiternische. „Das kann kein Hersteller, kein Großhändler, geschweige denn ein Einzelhändler alleine schaffen. Mit einem neuen Image überzeugen wir nur, wenn alle gemeinsam an einem Strang ziehen“, erläutert Marita Odia, Pressesprecherin des BNN. „Wir brauchen ein Zeichen für die ganze Branche, an dem die Verbraucher erkennen, was die Naturkostbranche mittlerweile an Qualität zu bieten hat – so wie es die Apotheken mit dem ,A‘ geschafft haben.“

Die PR-Szene begann zu kreieren. Eine professionelle Agentur sollte her, das neue Logo zu gestalten und eine bundesweite Kampagne zu entwickeln. Aus mehr als 70 Bewerbern fiel die Wahl nach einem langen Prozeß auf ABC Berlin – keine Insideragentur aus der Szene, sondern eine der ganz Großen im Lande, sollte der Ökobranche auf die Sprünge helfen. „Für uns war es von Anfang an ein absolut spannendes Projekt. Nicht nur ein Unternehmen oder einen Verband, sondern eine ganze Branche bei der Marketingkommunikation zu begleiten – diese Chance gibt es nur alle zwanzig Jahre. Zumal die Naturkostbranche trotz aller Kinderkrankheiten mit zu den innovativsten gehört“, freut sich Heiner Widdig, Projektleiter bei ABC Berlin.

Am Anfang galt es, viel Skepsis in der Naturkostszene zu überwinden. „Nehmen uns die PR-Leute überhaupt ernst? Verstehen die unsere Strukturen? Oder sind wir für die nur ein „Ökomäntelchen“? Auf diese Fragen mußten wir reagieren.“ Zu deren Klärung waren gar Workshops notwendig, denn ein Logo allein, ohne daß die Inhalte von allen getragen werden, nutzt überhaupt nichts. In Kooperation mit der Berliner Grafikagentur A.M. entstand das „N“ mit dem grünen Wischer. Kein poppig buntes Ökolabel, sondern ein Logo, das sich den unterschiedlichen Gestaltungen der mittlerweile rund 1.600 Naturkostgeschäften anpassen läßt. „Modische Logos sind schnelle veraltet, aber auch in zehn Jahren soll das ,N‘ schließlich noch Wegweiser zu Naturkost und Naturwaren sein“, lautete die Empfehlung der Marketingagentur.

Nach der offiziellen Präsentation im Januar auf der Berliner Grünen Woche startete die Kampagne: Geschäfte, die die strengen Sortimentsrichtlinien des Bundesverbandes erfüllen, können sich beteiligen und das „N“ als Werbezeichen einsetzen. Es soll aussagen: Hier gibt es – bis auf wenige Ausnahmen – nur Lebensmittel aus kontrolliert biologischem Anbau. Mehr als 300 Geschäfte waren nach kurzer Zeit bereits dabei und täglich werden es mehr. Die Agentur wird die Geister, die sie rief, nicht mehr los: „Mit der Naturkostkampagne haben wir eine Lawine losgetreten mit Medienarbeit, Verbandskommunikation, Verbraucherinformationen, Plakaten und Info-Blättern für die Läden.“ Getreu dem Kampagnenslogan „Natürlich gut drauf“ gibt es allerdings Rückenwind noch von ganz anderer Seite: Mit jedem Lebensmittelskandal – sei es BSE oder verunreinigtes Hühnerei – wird klar, warum Naturkost die Alternative ist. Anja Schlicht

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