: Ein Wahlgang reicht nicht
Die Dominikanische Republik sucht immer noch einen neuen Präsidenten: Stichwahl fällig ■ Aus Santo Domingo Ralf Leonhard
Den Dominikanern stehen sechs weitere Wochen Wahlkampf ins Haus, nachdem offenbar keiner der Präsidentschaftskandidaten am Donnerstag die absolute Stimmenmehrheit erreichen konnte. Nach Auszählung von der Hälfte der Stimmen liegt José Francisco Peña Gómez von der sozialdemokratischen Partei der Dominikanischen Revolution (PRD) mit 46,3 Prozent deutlich vor Leonel Fernández, dem Kandidaten der mitte-links stehenden Partei der Dominikanischen Befreiung (PLD). Dieser lag zunächst bei 35,2 Prozent. Der amtierende Vizepräsident des karibischen Inselstaates, Jacinto Peynado, erreichte mit 18,4 Prozent zwar mehr, als ihm die Umfragen prognostiziert hatten, ist aber als Drittplazierter aus dem Rennen.
Bei der Stichwahl am 30. Juni hat der Anwalt und Soziologe Leonel Fernández auch als Außenseiter keine schlechten Karten, da ihm die Mehrzahl der Stimmen aus dem Regierungslager sicher ist. Die regierende Christlichsoziale Reformpartei (PRSC) soll sogar vor ein paar Tagen an ihre Anhänger die Devise ausgegeben haben, für Fernández zu stimmen. Präsident Joaquin Balaguer (88) verzichtete sogar erstmals in seiner Laufbahn auf eine Stimmabgabe. Deutlicher konnte er nicht zu verstehen geben, daß er den 55jährigen Unternehmer Peynado nicht als Option betrachtet. Um seinen Intimfeind Peña Gómez zu schlagen, muß er auf Fernández setzen, der als Staatschef ohne eigene Parlamentsmehrheit Kompromisse eingehen müßte. Welche Zusagen dieser vor ein paar Wochen bei einem Gespräch mit Balaguer machte, weiß keiner. Doch daß er kürzlich seinen Mentor Juan Bosch, der 1963 nach sieben Monaten Regierung weggeputscht wurde, und Balaguer, der sich seit den Zeiten von Diktator Trujillo dank Repression und Intrigen behauptet hat, als „die beiden Säulen der dominikanischen Demokratie“ pries, läßt wenig Zweifel offen.
Von einem Wahlbetrug wie vor zwei Jahren sprach diesmal niemand. Eine Reform des Wahlgesetzes, die Säuberung der Wählerlisten und die Erneuerung des Zentralen Wahlrates sorgten für einen Ablauf, den nationale wie internationale Beobachter als transparent und effizient bezeichneten. Die Ermordung eines PRD-Aktivisten durch einen Parteigänger der Regierung in der südwestlich von Santo Domingo gelegenen Provinzstadt Barahona blieb ein isolierter Zwischenfall. Lediglich das komplizierte Abstimmungssystem, das die Stimmabgabe erst nach mindestens dreistündigem Schlangestehen zuließ, sorgte für einigen Unmut.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen