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Von Jahr zu Jahr besser

■ Vor, während und nach dem 3:2 über Freiburg feiert sich Meister Dortmund

Dortmund (taz) – Eigentlich störte nur, daß sie so weit weg waren. Wie dereinst das Zentralkomitee der KP auf den Tribünen am Roten Platz in Moskau verloren sich die Spieler des Deutschen Meisters hochdroben auf ihrem Podest in der Baustelle der neuen Osttribüne. Da brauchte man schon gute Augen oder ein Opernglas, um auszumachen, ob nun gerade Andreas Möller oder Jürgen Kohler die Meisterschale gen Himmel hoben. Dafür war der Blick umgekehrt wohl um so schöner. Ein „super Bild von der Tribüne“ bestaunte jedenfalls Ottmar Hitzfeld. Das schwarz-gelbe Gewimmel unten auf dem Rasen, „das geht durch Europa“, jubelte Präsident Niebaum. Und Michael Zorc war sicher, diesen Anblick sein „Leben lang“ nicht zu vergessen.

Eine prima Party war es also auch in diesem Jahr wieder. Auch wenn der Titelgewinn in der letzten Saison unter dramatischeren Umständen erkämpft und länger ersehnt worden war, an Meisterfeiern kann man sich offensichtlich gewöhnen. Die Anhänger von Borussia Dortmund zeigten jedenfalls auch nach einer Woche ausgiebigen Jubelns keinerlei Verschleißerscheinungen. „Und schon wieder Deutscher Meister BVB“, wiederholten sie so ausdauernd, als wäre damit schon eine Aufforderung für die Zukunft verbunden. Und natürlich sangen sie brav alle Infantilismen aus der Borussen- Jukebox mit, ob den göttlichen Song von der schwarz-gelben Biene Maja oder die Dortmund- Adaption des „Pippi-Langstrumpf“-Liedes. Das Westfalenstadion beging etwas, das wie der größte Kindergeburtstag des Jahres wirkte.

Die Meisterspieler brauchten auf dem Platz allerdings schon eine gewisse Zeit, um dazu etwas auf die Pauke zu hauen. Ottmar Hitzfeld mußte in der Halbzeitpause sogar noch etwas deutlicher daran erinnern, daß nach vielen mäßigen Heimspielen zumindest das letzte „super“ werden sollte. Davon war in der ersten Halbzeit nichts zu sehen, in der Freiburg (Sutter, Spanring) zwei Chancen hatte, Dortmund hingegen keine. Als Borussia dann die Vorfeiern „etwas aus den Beinen gelaufen hatte“, so Steffen Freund, wurde es ganz nett und am Ende richtig schwungvoll.

Die letzten zwölf Minuten boten plötzlich Stoff, der eigentlich für mehrere Spiele gereicht hätte. Erst traf Michael Zorc nicht nur zum 2:0 (78.), sondern auch zu seinem 15. Saisontreffer, den die Fans stürmisch gefordert hatten. Sechs Minuten später lupfte Decheiver den Ball cool über Teddy de Beer, der wegen Klos' Daumenbruch zum erstenmal seit August 1991 wieder im Tor stand. Im Gegenzug traf Riedle, und wieder nur 180 Sekunden später verwandelte Seretis zum Endstand. Die Vorlage stammte von Freiburgs Torwart Jörg Schmadtke, der schon in Rostock als Stürmer kurz getestet, erneut Klasse als Feldspieler bewies.

Dann war Schluß. Also durfte wieder gesungen werden und den Spieler da oben zugejauchzt. Wenn sie nur nicht soweit weg gewesen wären. Aber, so meinte ein Zuschauer, „das wird schon von Jahr zu Jahr besser werden.“ Christoph Biermann

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