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„Himmel weint über Senats-Angebot“

■ Am verregneten ersten Tag der Warnstreiks im öffentlichen Dienst öffneten Kitas und Ämter drei Stunden später. Betroffene nahmen es größtenteils gelassen, Senat nennt Forderungen „unpassend“

Das vielbeschworene Chaos blieb aus: Am ersten von drei Protesttagen um den Tarifabschluß im öffentlichen Dienst zeigten die Betroffenen gestern größtenteils Verständnis. „Die Eltern, die ihre Kinder morgens nicht in der Kita abgeben konnten, waren vorgewarnt und hatten deshalb für Ersatzbetreuung gesorgt“, meinte Erdmute Safranski von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Und auch beim Innensenator liefen die Telefone nicht heiß: „Wieso sollte sich jemand beschweren?“ lautete die Frage in der Verwaltung.

Dabei hatten die Boulevardzeitungen kräftig eingeheizt: Von „Müttern in Not“ und „sturen Gewerkschaften“ war die Rede. Und immerhin demonstrierte die Gewerkschaften ÖTV und GEW Stärke. Rund 7.700 Beschäftigte insgesamt beteiligten sich trotz des strömenden Regens an den Protestaktionen. Ein Großteil der Kindertagesstätten und der Ganztagsgrundschulen öffnete die Pforten später. Auch in einigen Finanz- und Arbeitsämtern sowie Senatsbehörden ruhte zeitweise die Arbeit.

Die Gewerkschaften protestieren nach Angaben von ÖTV-Chef Kurt Lange gegen die Sparprogramme im Bund und in Berlin. Der Idee einer Nullrunde von Innensenator Schönbohm und Finanzsenatorin Fugmann-Heesing setzen die Gewerkschaften die Forderung nach einer Tariflohnerhöhung um 4,5 Prozent entgegen.

Die Warnstreiks begannen in aller Frühe in den Kitas. Weit über die Hälfte der Kindertagesstätten, in den Innenstadtbezirken sogar fast alle, blieben gestern früh für drei Stunden geschlossen. Die Streikbeteiligung von fast 70 Prozent wertete die GEW-Sprecherin Erdmute Safranski als Erfolg: „Ich hoffe, daß die Arbeitgeber dies als deutlichen Warnschuß verstehen.“

Auch die ÖTV war zufrieden. Vor dem Rathaus Wilmersdorf etwa versammelten sich rund 1.000 nasse Angestellte der umliegenden Behörden. Auch vom strömenden Regen ließen sie sich nicht schrecken. „Der Himmel weint über das Angebot der Arbeitgeber“, meinte Ernst Otto Kock von der ÖTV.

Der Senat verurteilte die Aktionen. Die Forderungen der Gewerkschafter „passen nicht in die Landschaft“, so der Senatssprecher Michael-Andreas Butz. Nirgendwo sonst seien die Arbeitsplätze so sicher wie im öffentlichen Dienst.

Auch die Warnstreiks der Postgewerkschaft gingen gestern weiter. In Potsdam und in den Ostberliner Bezirken Köpenick, Pankow und Weißensee wurden gestern keine Briefe ausgetragen, in Marzahn wurde „die Zustellung behindert“, so die Postgewerkschaft. Insgesamt blieben 80.000 Briefe liegen. Tobias Rapp

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