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■ QuerspalteDie "FAZ" ist die "FAZ"

Jedem kritischen Konsumenten unter uns ist klar, daß Werbung Werbung ist und das wirkliche Leben das wirkliche Leben und die FAZ die FAZ und nicht etwa eine Zeitung, hinter der immer ein kluger Kopf steckt. Letzteres liegt daran, daß der kluge Kopf, der immer hinter dieser Zeitung steckt, immer Frank Schirrmacher ist, aber schon aus dem Physikunterricht wissen wir, daß ein Körper nicht gleichzeitig an Punkt A und an Punkt B sein kann oder, anders gesagt, hinter jeder Zeitung. Schirrmacher, einer der Herausgeber der FAZ, ficht das jedoch nicht an. Er verfügt über herausragende Fähigkeiten, von denen er im neuen Focus einige preisgibt.

Seit einer Woche wissen wir, daß bei Schirrmachers Promotion im Jahre 1988 nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Ein Großteil der Doktorarbeit, die sich mit Kafka beschäftigt, war bereits 1987 in einem Buch erschienen. Für Schirrmachers schlechtes Gewissen spricht, daß er für das Munzinger-Archiv das Datum der Promotion mit 1986 angegeben und geschrieben hat, er habe über den amerikanischen Dekonstruktivismus promoviert. In Focus klärt Schirrmacher alles auf. Daß er das Promotionsjahr falsch angegeben habe, sei „eine Schlamperei, gewiß“. Aber daß er den korrekten Titel seiner Dissertation „Die Dekonstruktion des literarischen Kanons bei Franz Kafka und Harold Bloom“ verschwiegen habe, dafür hat Schirrmacher einen guten Grund: „ein viel zu langer Titel“. Gewiß. Wenn auch die meisten nicht wissen, was ein literarischer Kanon oder wer Harold Bloom ist, so verstehen sie doch, daß jemand, der über solche Sachen schreibt, nicht so ohne weiteres elf Wörter flüssig hintereinander weg sprechen kann.

Schirrmacher vermutet hinter dem ganzen Theater ohnehin nur niedrige Beweggründe. Die FAZ sei einfach gut und das passe „einigen Leuten aus dem Kulturestablishment“ nicht. KULTURESTABLISHMENT! Das sitzt! So spricht ein Underdog. Schirrmacher – die personifzierte Subkultur. Und hinter der, wer wüßte das besser als die taz, steckt immer ein kluger Kopf. Jens König

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