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Grobe Maschen für wenig Geld

■ Rexrodt verhandelte in Brüssel über eine Lockerung der Subventionskontrolle für ostdeutsche Betriebe

Brüssel (taz) – Wirtschaftsminister Günther Rexrodt sieht seinen Gang nach Brüssel als Erfolg. Kommissionspräsident Jacques Santer habe das von ihm vorgelegte „Memorandum zur Lage in Ostdeutschland“ (siehe Kasten) als „unverzichtbare Diskussionsgrundlage“ gelobt. Über die Vereinfachung der Kontrolle für innerdeutsche Subventionen bestehe bereits eine „politische Verabredung“.

Rexrodt war nicht zu beneiden. Ausgerechnet in dem Moment mußte er um Lockerung der Subventionskontrolle bitten, in dem die Bundesrepublik wegen ihrer laxen internen Aufsicht am Pranger steht. „Wir sind bei der Klärung von Nachfragen zu jeder Kooperation bereit“, versicherte deshalb der Wirtschaftsminister eilfertig. Konkret ging es am Montag allerdings weniger um die großen spektakulären Fälle wie Vulkan und Volkswagen, sondern um Zahlungen für kleine und mittelständische Betriebe.

Rund 1.500 Subventionsfälle mit ostdeutscher Beteiligung müßte die Kommission pro Jahr genehmigen, wenn alles seinen normalen Gang ginge. Beihilfetatbestände, die aus Nachverhandlungen der Treuhandnachfolgerin BvS entstehen, sollen nach Rexrodts Angaben in dieser Zahl enthalten sein. Unter dem Strich sind bezüglich Ostdeutschland mehr Fälle zu entscheiden als im ganzen Rest der Union zusammen. Kein Wunder, daß auch die Kommission an einer Senkung der Kontrolldichte interessiert ist.

Bis voriges Jahr galt noch ein weitgehender Dispens von der Beihilfekontrolle. Zuschüsse, Bürgschaften oder verbilligte Kredite mußten nicht einmal gemeldet werden, wenn die staatlichen Leistungen unter der beeindruckenden Summe von 50 Millionen Mark geblieben waren und der Betrieb weniger als 250 MitarbeiterInnen hatte. Seit Jahreswechsel gilt „probeweise“ ein neues Verfahren. Jetzt müssen der Kommission in einer Liste alle Beihilfefälle gemeldet werden und die Kommission wählt aus, wo sie prüfen will.

Hierin sieht Rexrodt aber immer noch zuviel Bürokratie. Er hat daher die „politische Verabredung“ erreicht, daß Beihilfen an kleinere und mittlere Unternehmen bald wieder von der Prüfung freigestellt werden sollen. Einzelheiten werden derzeit mit der Kommission ausgehandelt. Voraussichtlicher Hauptunterschied zur alten Regelung: Zum einen wolle die Kommission wenigstens erfahren, was sie nicht prüfen darf und deshalb die neu eingeführte Meldeliste beibehalten. Zum anderen wolle sie diesmal bestimmte Beihilfearten (etwa Bürgschaften) von der Prüfung ausnehmen, statt finanzielle Grenzwerte festzulegen. Christian Rath

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