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Gute Miene im Schiffbaupoker

Ein OECD-Abkommen will Subventionen im Schiffbau verbieten. In den USA gibt es jedoch Probleme mit der Ratifizierung des Abkommens. Die EU will vorerst nicht reagieren  ■ Aus Brüssel Christian Rath

Brüssel (taz) – Ab Mitte des Jahres sollen wettbewerbsverzerrende Werften-Subventionen der Vergangenheit angehören. Dies sieht ein Abkommen der wichtigsten Schiffbaunationen vor, das Mitte des Jahres in Kraft treten soll. Amerikanische Werften wollen dies jedoch in letzter Minute verhindern. Am Montag berieten die EU-Industrieminister über die Lage und beschlossen, vorerst gute Miene zum bösen Spiel zu machen.

Das Abkommen war im Dezember 1994 unter dem Dach der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) ausgearbeitet worden. Unterzeichner sind neben der EU und den USA auch die beiden weltgrößten Schiffbaunationen Südkorea und Japan sowie Norwegen. Deutschland ist Nummer drei mit einem Weltmarktanteil von sieben Prozent und damit der größte Schiffbauer in der EU. Zusammen sind rund 80 Prozent der Weltschiffbaukapazitäten repräsentiert. Nicht vertreten sind vor allem die VR China und Polen.

Grundgedanke der Regelung: Es macht keinen Sinn, Schiffe durch Subventionen so zu verbilligen, daß sie auf dem Markt noch unter den Produktionskosten angeboten werden. Denn die Arbeitslosigkeit, die im eigenen Land verhindert wird, entsteht dafür im Land der Konkurrenz. Direkte und indirekte Finanzspritzen sollen deshalb künftig verboten sein. Staatlich geförderte Kredite müssen einen „marktnahen Zinssatz“ aufweisen.

Eigentlich sollte das Abkommen bereits zum Jahreswechsel in Kraft treten. Doch die Ratifizierung durch die heimischen Parlamente brauchte mehr Zeit als erwartet. Im letzten Dezember machten Norwegen, Südkorea und die EU formell alles klar. In Japan bestehen noch gesetzestechnische Probleme, die jedoch bald ausgeräumt sein sollen. Sorgen macht nur die Situation in den USA.

Dort regt sich gegen das Abkommen erheblicher Widerstand einiger amerikanischer Großwerften. Die US-Schiffbauer, die bisher vor allem im militärischen Bereich aktiv waren, fordern weitere Subventionen, um damit den teilweise notwendigen Umbau ihrer Betriebe auf zivile Produktion zu finanzieren.

Aufgrund der Kürzungen im Verteidigungsetat vergibt die US- Regierung nämlich immer weniger Marineaufträge. Offiziell steht noch das Versprechen der US-Regierung, das Abkommen bis Mitte des Jahres zu ratifizieren. Doch der beginnende Präsidentschaftswahlkampf erweckt in Europa Zweifel an dieser Absicht.

Derzeit gilt in der Europäischen Union die sogenannte siebte Schiffbau-Richtlinie, die staatliche Beihilfen bis zu neun Prozent des Auftragswerts erlaubt. Diese Richtlinie sollte eigentlich Anfang des Jahres auslaufen, um den OECD-Regeln Platz zu machen. Im Vertrauen auf das amerikanische Versprechen wurde sie (nur) bis zum 15. Juli diesen Jahres verlängert.

Am späten Montag abend berieten die EU-Industrieminister über eine weitere Verlängerung und entschieden, diese vorerst (jedenfalls offiziell) noch nicht vorzubereiten. Den USA solle kein „schlechtes Zeichen“ gegeben werden, hieß es in Delegationskreisen.

Diskutiert wurde außerdem der dänische Vorschlag, mehr Transparenz im Schiffbausektor zu schaffen. Die dänischen Werften leiden insbesondere an den Subventionen für ostdeutsche Werften. Die Kommission erklärte sich zwar bereit, künftig halbjährlich Bericht zu erstatten, gab jedoch zu bedenken, daß allzuviel Transparenz auch zu einem Wettbewerbsnachteil gegenüber außereuropäischen Wettbewerbern führen könnte. Ob sie damit lediglich den bürokratischen Aufwand durch zusätzliche Berichtspflichten gemeint hat?

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