Annähernde Gleichberechtigung

■ Kontrollierte Persiflage: Mojo Movie Extravaganza mit George Lazenby als James Bond und dem 60ies-Girl-Pop der Mobylettes

Man kann vielleicht nicht gerade sagen, er sei in Vergessenheit geraten. Aber dafür, daß Im Geheimdienst ihrer Majestät in vielen Beziehungen ein ganz außergewöhnlicher James-Bond-Film ist, wird er ziemlich selten genannt, wenn die wichtigsten Bond-Spektakel aufgezählt werden.

Der Mojo-Club und das Metropolis-Kino verhelfen dem 6. Film der 007-Serie nun zu später Ehre. Am heutigen Donnerstag wird er im Rahmen der Mojo Movie Extravaganza präsentiert, und neben DJ-Musik, Dia-Show und weiteren Bond-Hommagen und - Memorabilia werden in der anschließenden „007 After-Show-Party“ die Mobylettes live zu sehen sein. Sowieso den 60er Jahren ästhetisch und musikalisch verbunden, bringt Nixe, Sängerin und Chefin der Mobylettes, der taz hamburg gegenüber ihre Beziehung zu 007 auf den Punkt: „Ich kann mir nicht vorstellen, daß irgendjemand James Bond nicht gut findet.“

Als Bond-Fan, der noch dazu „mit niemandem etwas zu tun hat, der nicht Bond-Fan wäre“, weiß sie zu schätzen, was gerade Im Geheimdienst ihrer Majestät für die Serie bedeutet. Nicht nur, daß er mit 140 Minuten der längste aller Bonds ist, erhält er zudem mit Anspielungen a la „Das wäre dem anderen nie passiert“ erstmals Züge einer selbstreflexiven Persiflage.

Wenn es so etwas gibt, dann wurde hier reichlich 007-Geschichte geschrieben. Nachdem sich Sean Connery zu Höherem berufen fühlte und nach fünf Bonds nun den sechsten verweigerte (um dann im siebten Film sein umjubeltes Comeback zu feiern), mußte 1969 ein neuer Hauptdarsteller gefunden werden. Roger Moore sollte es werden, der aber war für die TV-Serie Die Zwei vertraglich gebunden.

So engagierte Produzent Broccoli den unbekannten Australier George Lazenby und damit zugleich den einzigen Grund, warum dieser Film an der Kinokasse scheitern mußte. Lazenby, besser als ihn die Kritiker beschrieben, hatte nie eine Chance gegen den Connery-Kult.

Denn nach Bond-Kriterien hatte Teil 6 ansonsten alles zu bieten, was dazugehört und setzte der Serie in vielen Punkten sogar die Krone auf. Diana „Emma Peel“ Rigg brilliert als selbstbewußtes End-60er-Bond-Girl, Telly Savalas ist als Blofeld nie überboten worden, und Ilse Steppat bietet als diabolische Gegnerin neben Lotte Lenya das kontrolliert Bösartigste der ganzen 14jährigen 007-Ära. Überhaupt: Kontrollierte Barbarei – wer sollte das besser verkörpern als Deutsche?

Der Höhepunkt des Films ist jedoch Bonds Heirat, bei der mit Diana Rigg für Momente sogar eine annähernd gleichberechtigte Partnerschaft denkbar wäre. Dies und daß dieses 007-Abenteuer ohne Happy-End auskommt, unterlegt aber mit dem wunderschönen Louis-Armstrong-Song „We have all the time in the world“, machen Im Geheimdienst ihrer Majestät zu einem absoluten Ausnahme-Bond. Wo sonst hätte in der Serie schon einmal eine Art tragische Romantik gegen den Zynismus gesiegt?

Jan Distelmeyer

Donnerstag, 23. Mai, 20.30 Uhr, Metropolis