: Blubbs, Palmen und ein Kakadu
■ „Wunderbar“ – eine Ausstellung zur Vielfalt der Malerei im Kunstverein
Im unteren Raum des Kunstvereins gibt es Reisedias. Das Bild der Reise ist zwar eine gute Metapher für geschärfte Alltagswahrnehmung auch anhand der Kunst, hier aber zeigt Franz Ackermann „wunderbare“ Ansichten jener Länder, in denen er noch nicht war. Die Palme der Touristikwerbung ist stets ein wenig grüner, das Meer blauer, als in jeder Realität.
Aus dieser Realität fischt sich Lisa Anne Auerbach ihre ganz belanglosen zu Diptychen gefaßten Alltagsbilder, bei denen es hinter dem Motiv auf die Kombination der Farben ankommt. Es geht eben auch in der neuesten Kunst wie seit jeher vor allem um die Wahrnehmung.
Die beiden Künstler sind zwei von 21 aus sechs Ländern, die Stephan Schmidt-Wulffen zur großen Gruppenschau mit dem Titel wunderbar versammelt hat. Der Anspruch der Ausstellung ist hoch: Einerseits dokumentiert die Auswahl den Trend zu neuer Subjektivität im Umgang mit der künstlerischen Arbeit, andererseits versteht Schmidt-Wulffen sich als Talentscout und hat einige Künstler ausgesucht, denen er Erfolg prophezeit. So knüpft wunderbar auch in dieser Hinsicht an die vor drei Jahren abgehaltene Eröffnungsschau Backstage an.
Auch diesmal bietet die Ausstellung eine andere Sicht auf die Räume des Kunstvereins: Rupprecht Matthies hat mit lila Blubbs auf Grün die Eingangshalle tapeziert, Iris Andrascheck die Hälfte der oberen Fenster mit Folie beklebt, so daß in der großen Halle rosa getöntes Ausstellungslicht „blaues“ Tageslicht und „grünes“ Neonlicht sich unterschiedlich mischen. wunderbar, schon letztes Jahr als Bestandsaufnahme aktueller Malerei geplant, spielt auf allen Ebenen mit den Aspekten des Malerischen.
Daß all zu viel bunt bloß wieder grauen Brei gibt, beweist einmal mehr schlüssig Diana Thater, deren stillebenhafter Kakadu aus einer rot-blau-grünen Projektion in altes schwarz-weiß zurückgefallen ist. Ganz vertrackt sind die Großfotos von Lois Renner: er baut in Wien sein Salzburger Atelier immer wieder im Modell nach und verfälscht so den Blick in die Werkstatt des Künstlers zu einem verwirrenden Sujet der Kunst.
Von Jochen Flinzers Paravents mit genähten Walt-Disney-Figuren zu Jorge Pardos „Malerei im Raum“ in Form roh gedrechselter Holzschalen, von Wolfgang Tillmanns Kalenderblättern zu den Novalis, Runge und die Pop-Kultur zitierenden Installationen der Geschwister Hornbüchler zeigt der Kunstverein, was man bestenfalls von ihm erwartet: einen mal seltsamen, mal wunderbaren, jedenfalls immer anregenden Parcours durch die Kunst von heute. Hajo Schiff
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen