: Kommt Zeit, kommt Abriß
■ Schanzenviertel: Finanzielle und konzeptionelle Lücke in städtischem Wohnungsbau H. Haarhoff
Die Baulücke an der Lerchenstraße 109 im Schanzenviertel klafft – in finanzieller und konzeptioneller Hinsicht. Seit Jahren wissen die Wohnungsbaugenossenschaft Saga als Grundstücksverwalterin, die Stadterneuerungsgesellschaft (Steg) als Gebietsbetreuerin und der Bezirk Mitte, daß der vordere, zur Straße gewandte Teil der städtischen Fläche mit einem mehrstöckigen Wohnhaus bebaut werden soll.
Damit wäre erstens die städtebaulich erwünschte, einheitliche Häuserflucht wieder hergestellt. Zweitens werden die geplanten acht neuen Sozialwohnungen dringend benötigt: Das marode Hinterhaus im hinteren Teil des Grundstücks rottet zusehends vor sich hin. In spätestens zwei Jahren, das haben die Bauprüfer verordnet, muß es abgerissen sein, und bis dahin brauchen die drei Mietparteien neuen Wohnraum.
Eigentlich sollten sie den in dem geplanten Neubau finden. Doch dafür mangelt es am nötigen Kleingeld: Nur die erhoffte öffentliche Förderung durch die Wohnungsbaukreditanstalt reicht allein nicht zur Finanzierung. Mittlerweile hat sich auch die engagierte Architektin frustriert von dem Bauprojekt verabschiedet: Weitere Kosteneinsparungen, wie von der Saga gefordert, seien undenkbar.
„Wir werden versuchen, das Haus über eine veränderte Planung zu realisieren“: Saga-Sprecher Herrmann Boekholt gelingt es nicht recht, die Ratlosigkeit zu kaschieren. „Gestalterische Veränderung am Entwurf“ würden noch „bis zum Sommer“ diskutiert. Denkbar sei auch, auf den ursprünglich vorgesehenen, flächenraubenden Tordurchgang im mittleren Teil des geplanten Gebäudes zu verzichten.
Statt dessen, so jedenfalls der Vorschlag der Steg, könnte eine weitere Wohnung geschaffen werden – für die es dann wiederum öffentliche Mittel gebe. Notfalls müsse man eben auf andere Finanzierungsmöglichkeiten ausweichen: So könnten die künftigen MieterInnen zum Beispiel einen Teil des Baus in Eigenleistung erbringen und den Rest über alternative Baubetreuungsmittel (ABB) finanzieren lassen.
Unweit der Lerchenstraße harrt weiterer Wohnraum seiner Verwirklichung, denn unklar ist auch die Zukunft des Gebäudes Schulterblatt 25, das ebenfalls fest in städtischer Hand ist: Untersuchungen der Bausubstanz ergaben, daß der historische Gebäudekern zwar technisch erhaltensfähig wäre. Allerdings solle auch zusätzlicher Wohnraum geschaffen werden. Geprüft werden müsse deswegen, ob eine Aufstockung des Gebäudes wirtschaftlich vertretbar ist oder Abriß und Neubau größeren Sinn macht.
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